Wie muss eine Franchise-Bewerbung aussehen?
Bei Ihrer Bewerbung um eine Franchise-Lizenz müssen Sie mehr als nur Begeisterung für das Unternehmen zeigen und Ihre Qualifikationen darstellen. Es gilt zu beweisen, dass Sie und Ihr Umfeld in der Lage sind, ein Unternehmen erfolgreich zu gründen und zu führen. Betreiben Sie Marketing in eigener Sache!
Warum müssen sich Franchise-Nehmer bewerben?
Zugegeben: Es klingt auf den ersten Blick nicht selbstverständlich, dass Sie sich als Unternehmer bewerben müssen. Aber als Franchisenehmer benötigen Sie eine Lizenz Ihres Franchisegebers. Und die möchte er nur an potenziell erfolgreiche Unternehmer vergeben. Er „lebt“ von den Gebühren, die meist erfolgsabhängig sind. Er möchte mit seinem System expandieren statt stagnieren. Und erfolglose Partner – besonders Insolvenzen – schädigen den Ruf des Systems.
Wie finden Sie „Ihr“ Franchise-System?
Schritt eins ist – im Franchising wie bei der Stellensuche –, das passende Konzept zu finden. Dazu gibt es die unterschiedlichsten Wege. Haben Sie Ihr Wunsch-System als Kunde kennengelernt? Oder interessieren Sie sich für eine Branche, in der Sie immer schon etwas bewegen wollten?
Fordern Sie auf jeden Fall Informationen bei vier oder fünf Franchise-Systemen an – um besser vergleichen zu können. Sind die Mitbewerber Ihres Favoriten nicht bekannt, lassen sie sich zum Beispiel im Internet recherchieren. Suchen diese tatsächlich aktuell nach Franchise-Partnern? Dann finden Sie auf ihren Homepages meist Menüpunkte zur Partner-Werbung wie „Franchise“, „Partner werden“, „Selbstständig machen“ oder „Karriere“ mit einer System-Beschreibung und Kontaktmöglichkeit, die Sie wiederum für Ihre Bewerbung nutzen können.
Eine gute Plattform, um Franchise-Systeme kennenzulernen, sind zum Beispiel die meist jährlichen Messen wie die Franchise-Expo in Frankfurt oder Wien. Ständig erreichbar ist hingegen die Virtuelle Messe auf FranchisePORTAL: Hier werden rund 300 Franchise-Systeme und ihre Geschäftsidee vorgestellt.
Aus den Unterlagen sollte hervorgehen, wie viel Sie zu investieren haben und welches Eigenkapital Sie zur Finanzierung benötigen. Im Idealfall finden Sie auch erste belastbare Daten über durchschnittliche Umsatz- und Gewinnzahlen oder Zeit- und Finanzaufwand bis zum Break-even oder ROI. Sollten diese Zahlen nicht aus den Unterlagen hervorgehen, können sie bei der Zentrale erfragt werden. Mit ihnen können Sie einschätzen, ob Sie über die Finanzkraft und Ausdauer für eine erfolgreiche Gründung verfügen. Viele Franchisegeber setzen diese Selbsteinschätzung oder einen Kapitalnachweis bereits als Teil der schriftlichen Bewerbung voraus – und nicht erst im Vorstellungsgespräch.
Was unterscheidet eine Franchise-Bewerbung von einer Arbeitnehmer-Bewerbung?
Im formalen Aufbau gelten dieselben Regeln wie für eine „klassische“ Arbeitnehmer-Bewerbung. Ein überzeugendes Anschreiben, eine Vita und eine gut sortierte Unterlagen-Mappe oder eine entsprechende E-Mail mit sauber gestaltetem PDF-Anhang sind auch im Franchising Selbstverständlichkeiten. Zwei inhaltliche Unterschiede sind daher wesentlich. Sie betreffen die Qualifikation und die Motivation. Als Franchise-Bewerber müssen Sie erklären, weshalb Sie überzeugt sind, als Unternehmer erfolgreich zu werden.
Worauf achten Franchise-Geber besonders bei einer Bewerbung?
Je etablierter ein Franchise-System ist und je mehr Partner ihm angehören, desto genauer ist das Anforderungsprofil. Neben der Eigenkapital-Situation interessieren sich Franchisegeber vor allem für unternehmerische Tugenden wie Überzeugung und Einsatzbereitschaft sowie für kaufmännisches Know-how, Organisationstalent und Führungserfahrung. Denn ein Franchisenehmer muss in der Lage sein, ein Unternehmen samt Team zu leiten. Das Vorhandensein dieser Fähigkeiten sollte aus der schriftlichen Bewerbung klar hervorgehen.
In manchen Branchen und Systemen sind fachliches Know-how und Erfahrung nachzuweisen – etwa in bestimmten Handwerksberufen (wie Bauwesen oder energetische Sanierung), in Gesundheitsberufen (z.B. Seniorenbetreuung), in der Kinderbetreuung (z.B. Nachhilfe) oder in der Personal- bzw. Unternehmensberatung. Viel häufiger suchen Franchisegeber jedoch nach Partner-Persönlichkeiten, deren Stärken branchenübergreifend in Vertrieb, Verkauf und Marketing liegen. Gut für Quereinsteiger: Das Fachwissen wird in den hauseigenen Schulungen vermittelt. Und die Erfahrung lehrt, dass Branchenfremde sich strikter an die Vorgaben des Franchisesystems halten, statt sie zu hinterfragen.
Ein weiterer Punkt, der viele Franchisegeber interessiert, ist Standort-Flexibilität. Als Bewerber sind Sie im Vorteil, wenn Sie für die Entscheidung Ihres Lebens, Unternehmer zu werden, auch Anfahrtswege oder Umzüge in Kauf nehmen. Lesen Sie hierzu auch unten das Interview mit Michael Ganschow, Schülerhilfe.
Wie bereiten Sie sich auf das Erstgespräch beim Franchise-Geber vor?
Auch wenn Sie sich aus einem Angestelltenverhältnis heraus selbstständig machen: Basiswissen über Franchising wird vorausgesetzt. Lesen Sie Tipps für Gründer in der Rubrik Ratgeber. Informieren Sie sich vor dem Erstgespräch über Begriffe wie etwa Businessplan, Förderkredit, Systemhandbuch oder Franchise-Nehmer-Beirat im Franchise-Glossar. Weiterhin empfehlen wir Franchise-Fachliteratur sowie Checklisten zu nutzen.
Spätestens im Erst-Bewerbungsgespräch möchte Ihr Franchisegeber Genaueres über Ihre persönlichen wie finanziellen Verhältnisse (v.a. Eigenkapital) erfahren. Steht Ihr privates Umfeld hinter Ihrer Gründungsabsicht? Nach Ihrer Existenzgründung werden Sie wesentlich mehr arbeiten müssen und haben möglicherweise für längere Zeit keinen geregelten Tagesablauf. Können Sie Ihre Gründung finanzieren? Und welches Einkommen benötigen Sie: Können Sie mit Ihrer Selbstständigkeit sich und Ihre Familie ernähren? Haben Sie sich bisher von Fehlschlägen nie entmutigen lassen und sich als Macher und Problemlöser entpuppt? Für Ihren Franchisegeber sind dies wichtige Indikatoren dafür, ob Sie erfolgreich sein und begeistert arbeiten werden.
Es gibt keine zweite Chance für einen ersten (guten) Eindruck!
Ein weiteres Kriterium heißt: menschlich ins System zu passen. Schließlich werden Sie in einem Netzwerk freier Unternehmer eng zusammenarbeiten. Hier gilt wie bei der Arbeitnehmer-Bewerbung: Zeigen Sie sich eloquent, offen, lernfähig und kooperativ. Offenbaren Sie, dass Sie die Umgangsformen perfekt beherrschen. Treten Sie gepflegt auf. Versuchen Sie, über Ihre Körpersprache Selbstbewusstsein zu vermitteln. Beweisen Sie, dass Sie mit Entscheidern auf Augenhöhe kommunizieren können. Als Unternehmer und Partner werden Sie dies müssen – zum Beispiel in Verhandlungen mit B2B-Kunden oder Lieferanten. Aber Vorsicht: Verstellen sollten Sie sich nicht!
Stellen Sie gezielte Fragen!
Ihr Bewerbungsgespräch ist keine Einbahnstraße: Es geht um Ihre Zukunft! Stellen Sie sich einen Fragenkatalog zusammen. Lassen Sie sich unter anderem darüber Auskunft geben, wie die wirtschaftliche Entwicklung der Branche einzuschätzen ist, welche Wettbewerbsvorteile das System bietet und welche Marktposition es einnimmt. Fragen Sie gezielt, wie sich der Umsatz des Systems seit seiner Gründung und in den letzten drei Jahren entwickelt hat. Ferner, wie hoch der durchschnittliche Jahresumsatz sowie der durchschnittliche Umsatz in den ersten zwölf Monaten eines Franchisenehmer-Betriebes ist.
Was geschieht nach der Bewerbung?
War Ihr Bewerbungsgespräch erfolgreich? Erkundigen Sie sich bei anderen Franchisenehmern des Systems, ob die Zahlen des Franchisegebers realistisch sind. Absolvieren Sie – wenn möglich – spätestens jetzt eine Hospitation („Schnuppertag“) in einem Franchise-Nehmer-Betrieb oder dem Pilotbetrieb des Franchisegebers. Lassen Sie sich Einblicke in das Systemhandbuch geben. Erstellen Sie Ihren Businessplan gemeinsam mit dem Franchisegeber oder/und einem Franchise- bzw. Unternehmensberater. Achten Sie auf die vorvertragliche Aufklärungspflicht Ihres Franchisgebers. Lassen Sie den Franchise-Vertragsentwurf bei einem unabhängigen Franchsie-Anwalt prüfen. Führen Sie die Kreditverhandlungen und beantragen Sie Fördermittel. Denn die Finanzierung muss gesichert sein. Erst dann wird Ihr Franchise-Vertrag unterzeichnet.
Wie steigern Bewerber im Franchising Ihre Chancen, die Lizenz zu erhalten?
FranchisePORTAL führte Interviews mit Entscheidern in Franchise-Zentralen.
Vincenzo Ferrera, Business Development and Transfer Supervisor, Franchise-System Mail Boxes Etc. (MBE)
Worauf achten Sie als Franchisegeber in der Bewerbung besonders?
„Wir betrachten die Bewerbung aus zwei Sichtweisen: Zum einen bewirbt sich der Interessent, auf der anderen Seite natürlich auch wir als Franchise-System. Die Kunst hierbei ist es, den Spannungsbogen zwischen beiden Sichtweisen aufrechtzuerhalten.
Unser Bewerbungsverfahren ist mehrstufig aufgebaut, sodass wir in den verschiedenen Stufen unterschiedliche Dinge abfragen, Eindrücke in Erfahrung bringen und Informationen vermitteln.
In der ersten Phase werden Informationen wie Finanzierbarkeit, Mindset und Berufserfahrung abgefragt, um zu schauen, ob ein grundsätzlicher Fit besteht. In der zweiten Phase werden dem Interessenten die wichtigsten Informationen über das MBE-Business mitgeteilt. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass ein umfängliches Bild über das Alltagsgeschäft hängenbleibt, um dem Kandidaten Raum zu lassen, zu entscheiden, ob er sich so eine langfristige Bindung vorstellen kann. Die dritte Phase ist ein persönliches Gespräch in der Zentrale. Es wird unter anderem ein Businessplan besprochen und eine Standortanalyse durchgeführt, um gemeinsam zu entscheiden, wie vielversprechend das Business sein könnte. Hierbei wird besonders darauf geachtet, wie der Interessent argumentiert. Auch die Eindrücke der Kollegen sind in der Vorstellungsrunde gefragt. Zum Schluss wird gemeinsam ein bestehendes Center besucht, sodass der Interessent ein vollumfängliches Bild über MBE gewinnt und MBE den Interessenten auch in unterschiedlichen Situationen kennenlernt. Wenn beiderseits noch Interesse an einer Zusammenarbeit besteht, werden Vertragsdetails besprochen und es geht in die Planung über.“
Durch welche Angaben, welche Form und welche Inhalte weckt ein Bewerber Ihr Interesse und steigert seine Chancen?
„Das MBE-Business ist sehr 'menschennah' und vertriebsorientiert. Beim idealen MBE-Kandidaten kommt es deswegen vor allem darauf an, wie das Auftreten und die kommunikativen Fähigkeiten wirken. Dies kann zum einen unter Beweisstellung vertrieblicher Erfahrung, Personalverantwortung u.Ä. erfolgen oder ganz einfach im persönlichen Kontakt. Es bedarf keiner gesonderten Qualifikation, um ein MBE-Business zu starten, da sämtliche Werkzeuge von der Zentrale gestellt und bei der Zentrale angelernt werden sollen. Aus diesem Grund sind sehr viele Quereinsteiger im MBE-Netzwerk.“
Was sind dagegen No-Go's?
„No-Go's sind unter anderem Unzuverlässigkeit, das Mitteilen falscher oder ungenauer Informationen oder das Ignorieren von Rückfragen. Sprich, was auch in einem gewöhnlichen Bewerbungsverfahren nicht gewünscht ist. Schließlich geht es darum, einen authentischen, transparenten und positiven Eindruck beim Kennenlernen zu hinterlassen und solange dies gewährleistet ist, kommt es auch zu keinen No-Go's.“
Michael Ganschow, Leiter Expansion / Franchise, Franchise-System Schülerhilfe
Durch welche Angaben, welche Form und welche Inhalte weckt ein Bewerber Ihr Interesse und steigert seine Chancen?
„Wir bewerten den Menschen nicht nur nach seinen Unterlagen. Diese dienen uns lediglich als Leitplanke. Nichts ersetzt aber den persönlichen Kontakt. Unser System leistet Schülern Nachhilfe. Für uns zählen daher weiche Faktoren wie Empathie, Sozialkompetenz und Kommunikationsstärke, dies stellt ein Lebenslauf nicht dar.
Wir widmen uns am Anfang der Frage: Woher kommt der Bewerber. Die meisten Anfragen erhalten wir aus den Ballungsgebieten. Und bei rund 300 bestehenden Franchise-Betrieben und Gebietsschutz sind viele Standorte nicht mehr frei. Kann der Kandidat keinen freien Standort übernehmen – und sei es durch Umzug –, erübrigt sich das weitere Bewerbungs-Prozedere.“
Was sind dagegen No-Go's?
„Bei uns scheiden Kandidaten aus, die keinerlei Schul- oder Studienabschlüsse vorweisen oder vorbestraft sind. Auch muss ihr Deutsch absolut verhandlungssicher sein. Ich führe mit jedem Kandidaten ein Vorab-Telefonat, bevor ich ein persönliches Treffen vereinbare. Dabei muss mich der Bewerber durch seine Art der Kommunikation überzeugen: sein Wortschatz, seine Rhetorik. Die Ausdrucksweise darf nicht zu einfach strukturiert sein und nach Straßenjargon klingen. Wir vermitteln schließlich Bildung.“
Sonja Schmitz, Bereich Expansion / Franchise-Partner-Gewinnung, ISOTEC GmbH
Worauf achten Sie als Franchisegeber in der Bewerbung besonders?
„Neben den erfolgsrelevanten fachlichen Kriterien achten wir in allen Schritten des gemeinsamen Kennenlernens insbesondere auf diese Aspekte: Wie ist die allgemeine Wirkung und Ausstrahlung der Person? Wie selbstreflektiert ist die Person? Wie gut kennt sie sich? Wie sieht die persönliche Vision aus? Worauf möchte sie während ihres Lebensabends zurückblicken? Welche Werte prägen die Person und ihr Handeln? Was sind die Hauptmotive für die Pläne zur Selbständigkeit? Wie ist das Menschenbild? Wie ausgeprägt ist der Wille zur persönlichen Weiterentwicklung? Und schließlich: Inwieweit lässt die Person Beratung und Sparring zu?“
Durch welche Angaben, welche Form und welche Inhalte weckt ein Bewerber Ihr Interesse und steigert seine Chancen?
„Uns ist es sehr wichtig, den Bewerber oder die Bewerberin ganzheitlich greifen zu können: Wie wirkt der Mensch an sich auf uns? Wir legen sehr viel Wert auf einen offenen, familiären Umgang. Bei uns geht es nicht darum, den Schalter von Arbeitskraft auf Unternehmerin bzw. Unternehmer umzulegen, sondern das ganze Naturell und die Persönlichkeit einzubringen. Wenn wir davon schon ein erstes Gefühl über die Unterlagen oder spätestens im ersten Telefonat erhalten, ist das durchaus wertvoll.“
Was sind dagegen No-Go's?
„Eine Person öffnet sich nicht und wirkt auf uns nicht authentisch. Sie kann sich nicht in vollem Umfang mit unseren Werten und unserer Philosophie identifizieren. Wir können uns die Person nicht bei Kunden, im Kreise unserer Franchise-Partner oder in der Zusammenarbeit mit uns vorstellen. Das familiäre Umfeld steht nicht zu 100% hinter den Plänen. Eine sichere, solide Finanzierung ist nicht darstellbar. Das sind bei uns No-Go's.“
Fazit: Informieren Sie über Ihre Tugenden
Im Franchising sind Unternehmergeist, Kommunikationsfähigkeit und Finanzkraft wesentlich wichtiger als Ihr fachliches Vorwissen. Denn als Gründer und Franchisenehmer müssen Sie zwei Dinge können: Ein finanzielles Risiko tragen, eine Hands-on-Mentalität offenbaren und sich in ein bestehendes Netzwerk eingliedern können. Das sollten Sie in Ihren Unterlagen und Gesprächen klar hervorheben.