Gastbeitrag: Das „Zahlenhirn“ als wichtiger Erfolgsfaktor eines Franchisenehmers

Als Franchisenehmer spart man sich, ein eigenes Produkt zu entwickeln und am Markt zu testen. Man entscheidet sich für ein erprobtes System, um sofort starten zu können. Mit anderen Worten: Statt als Erfinder zu beginnen, ist man ab dem ersten Tag Manager. 

Gastbeitrag: Das „Zahlenhirn“ als wichtiger Erfolgsfaktor eines Franchisenehmers

Als Franchisenehmer spart man sich, ein eigenes Produkt zu entwickeln und am Markt zu testen. Man entscheidet sich für ein erprobtes System, um sofort starten zu können. Mit anderen Worten: Statt als Erfinder zu beginnen, ist man ab dem ersten Tag Manager. Aus meiner Sicht sind es drei Hauptaufgaben, die ein Franchisenehmer erfüllen muss. Die erste ist, das notwendige Kapital bereitzustellen, egal ob aus eigener Kraft oder mithilfe eines Businessplans durch eine Bank. Danach schließen sich zwei operative Aufgaben an: Die eine davon ist die laufende Verantwortung für das Personal – fachlich, psychologisch und ebenso rechtlich. Die andere, oft unterschätzte Aufgabe besteht in einem betriebswirtschaftlichen Feintuning, welches oft nicht systematisierbar ist, persönliche Anwesenheit und Betroffenheit erfordert und daher nur durch den Franchisepartner vor Ort möglich ist.

Die richtige Einstellung zum Geld

Viele betrachten Geld als reines Tauschmittel. Auch wenn das nicht grundlegend falsch ist, so ist es doch keine hilfreiche Definition im Management. Für Unternehmer ist Geld vor allem ein Feedbackmechanismus. Dein Umsatz und dein Gewinn geben dir ein direktes Feedback darüber, ob du die Bedürfnisse der Kunden erfüllst und ob du ressourcenschonend arbeitest. Anders gesagt, drücken sie aus, wie viel Gutes du in der Welt getan hast. Dieser Gedanke ist für viele absurd, denn sie gehen davon aus, dass Firmen mit hohen Umsätzen und Gewinnen kriminell seien. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Kaum ein Unternehmer spricht offen und ehrlich über diese Denkweise. Es ist das Spiel, das wir Unternehmer spielen. Im Fußball zählt man Tore, im Unternehmen Geld. Deshalb ist das Verständnis für die betrieblichen Kennzahlen essenziell für jeden Franchisenehmer. Nur so wissen wir, ob wir gewinnen.

Ein „Zahlenhirn“ entwickeln

Die besten Franchisenehmer sind immer diejenigen, die stets ihre Kennzahlen im Blick und Freude am Rechnen haben. In deinem Kopf musst du genau wissen, wie viel Umsatz pro Stunde, am Tag und in der Woche generiert wird. Du kannst nicht warten, bis dir dein Buchhalter am Ende des Monats dein Geschäftsergebnis präsentiert. Du musst immer im Hinterkopf zählen und mitrechnen. Es lohnt sich, auch andere Entscheidungen permanent in Geld umzurechnen. Etwa, wenn du zur Metro fährst: bewerte deine Zeit und bewerte auch deine Fahrtkosten realistisch. Kenne deine Zahlen und habe Spaß daran, sie zu optimieren. Der Hebel, den der Franchisenehmer in der Hand hält, hat großes Gewicht. Bei einer Umsatzrendite von 10 % reichen schon Kosteneinsparungen von fünf Prozentpunkten, um deinen Gewinn auf 15 % zu erhöhen, mithin immerhin eine Gewinnsteigerung um die Hälfte.

Spaß an betriebswirtschaftlicher Optimierung finden

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie unterschiedlich die Erfolge der Franchisenehmer in einem System sind. Dies liegt nicht immer nur am Standort. Oft wechselt bei einem Store der Franchisenehmer und schon ändert sich auch das Ergebnis gravierend. Umsätze steigern und Kosten senken – schon kleinste Abweichungen haben oft große Auswirkungen. Etwa beim eben genannten Beispiel: Der Unterschied zwischen 10 % und 15 % mag nicht riesig wirken, aber welcher Arbeitnehmer kann schon durch ein paar Optimierungen sein Gehalt von 6.000 Euro auf 9.000 Euro erhöhen? Egal ob im Einkauf, beim Dienstplan oder beim Wegwurf – der Spaß am Optimieren ist die halbe Miete. Schon ein um eine halbe Stunde täglich optimierter Dienstplan bedeutet am Jahresende 2.500 Euro mehr für den Franchisepartner – ein nettes Urlaubsgeld. Auch kleinste Optimierungen multiplizieren sich schnell zu relevanten Summen.

Ich will nicht gierig sein

Während manche Franchisenehmer wahrlich echte Sparkönige sind, haben viele Menschen ein Problem mit dieser Herangehensweise. Sie wollen nicht gierig sein oder finden es moralisch bedenklich, etwa überflüssige Personalstunden einzusparen. Hierbei ist die Sichtweise das eigentliche Problem. Ineffizienz ist nämlich keinesfalls sozial. Im Gegenteil, wer Personalstunden verschwendet, entzieht diese dem Markt und wird zu Recht mit schlechter Rendite bestraft. Effizientes Wirtschaften ist gerade nachhaltig, es ermöglicht einen gesunden Betrieb und schont dabei knappe Ressourcen. Dies gilt auch beim Wegwurf. Ein Beispiel aus der Gastronomie: Gute Franchisenehmer sammeln auch mal den Wegwurf eines ganzen Tages, um den Mitarbeitern die Dimension zu veranschaulichen – und machen einen Wettbewerb daraus, möglichst wenig Abfall zu erzeugen. Nachhaltig und fördert die Rendite.

Die letzten Meter

Ebenso wichtig ist das Verständnis, dass der Gewinn immer auf den letzten Metern gemacht wird. Wenn Miete und Gehälter sowieso gezahlt sind, gehen zusätzliche Umsätze abzüglich variabler Kosten vollständig auf das Gewinnkonto. Wer schon eine halbe Stunde vor Ladenschluss keine Produkte mehr verfügbar hat oder Kunden wegschickt, mag nur unwesentlich Umsatz einbüßen, der Gewinn reduziert sich aber prozentual erheblich. Hier unterscheiden sich viele Franchisenehmer mit mittelmäßigen von Franchisenehmern mit herausragenden Ergebnissen. Das Gleiche gilt auch für die Preissetzung. Kostet ein Produkt, das in der Herstellung 90 Cent kostet, für den Kunden einen Euro, bewirkt eine Preiserhöhung um 10 % schon eine Verdopplung des Gewinns. Natürlich sind dem Grenzen gesetzt, aber das Beispiel soll aufzeigen, dass auch hier der Gewinn eben auf den letzten Metern gemacht wird.

Zahlen, Zahlen, Zahlen

Einige wenige Stellschrauben, sowohl auf der Kosten- als auch auf der Umsatzseite, können den Gewinn maßgeblich beeinflussen. Dies ist die essenzielle Aufgabe eines sachkundigen und vor Ort befindlichen Franchisenehmers. Nebenbei sei erwähnt, dass der Franchisenehmer für drei verschiedene Faktoren bezahlt wird, auch wenn am Monatsende eine Summe übrigbleibt. Erstens für die tatsächliche Mitarbeit, in der er Personalstunden einspart, zweitens für das unternehmerische Risiko, das er auf sich nimmt, und drittens für die Kapitalbindung, die Rendite im engeren Sinne. Das sind durchaus verschiedene Aspekte, auch wenn sie sich in einer Person vereinen und sie auf den ersten Blick eine Einheit bilden. Auch dies sollte man im Blick haben, bedeutet es etwa, dass bei einem zweiten Geschäft die erste Komponente oftmals wegfällt. Solche Effekte sollten einem bewusst sein und man sollte mit ihnen rechnen.

Rechnen, rechnen, rechnen

Ebenso durchaus lohnenswert ist es, als Unternehmer in zwei „Währungen” zu rechnen: versteuerte Euros (v€) und unversteuerte Euros (uv€). Klingt auf den ersten Blick vielleicht bescheuert, aber es macht einen Unterschied, ob du aus deinem privaten, versteuerten Geld einen Urlaub bezahlst oder ob du eine Dienstreise zu einem schönen Ort machst, an dem du vielleicht eine Ladenfläche besichtigst. Abgesehen von einem kurzen Protokoll, das du schreibst, hast du möglicherweise genauso viel Spaß an der Reise und dem Aufenthalt. Auch andere Anschaffungen wie etwa eine BahnCard100 oder einen leistungsstarken Laptop kannst du als Unternehmer mit uv€, also aus deinem Umsatz, bezahlen, während Nicht-Unternehmer diese mit v€ bezahlen müssen. Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass du auch die Umsatzsteuer zurückbekommst – ein Aspekt, den Nicht-Unternehmer gar nicht kennen. Auch dies musst du bei jeder Entscheidung berücksichtigen und solche Aspekte am besten blitzschnell mitrechnen, denn sie verändern die Vorteilhaftigkeit vieler Entscheidungen.

Auch beim Kauf und Verkauf

Wenn du ein Geschäft kaufst oder verkaufst, solltest du dich am besten schon vorher mit der Berechnung von Unternehmenswerten befasst haben. Auch wenn du nicht verkaufst, solltest du nur für dich gelegentlich berechnen, was dein Laden wert ist. Der Buchwert deines Geschäftes hat dabei normalerweise wenig mit dem echten Unternehmenswert zu tun. In jeder Branche existieren Faustformeln, die einem einen ersten Überblick geben können. In der Gastronomie rechnen einige mit dem 3- bis 4-fachen Jahresbetriebsergebnis oder dem halben Jahresumsatz. Hat ein Geschäft einen Umsatz von 400.000 Euro und ein Betriebsergebnis von 60.000 Euro, käme das erste Verfahren zu einem Unternehmenswert von im Schnitt 210.000 Euro, das zweite auf 200.000 Euro. Jede Branche hat andere Multiplikatoren, die man in diversen Tabellen nachlesen kann. Natürlich ist das nur ein erster Indikator.

Für Fortgeschrittene

Zu- oder Abschläge sind möglich je nach Restlaufzeit des Mietvertrages oder laufenden Leasingverträgen, dem Zustand der Einrichtung, der Stabilität des Teams oder auch der Begehrtheit des jeweiligen Franchisesystems. Auch der Buchwert kann eine Rolle spielen, wenn die Investitionen traditionell hoch sind und der Einstieg in das System gerade nur durch Kauf einer Bestandsfiliale möglich ist oder ein Grundstück bzw. andere dauerhaft nutzbare Güter mitverkauft werden. Methoden der Unternehmensbewertung füllen viele eigene Bücher. Ebenso eine Rolle spielt natürlich das Verhandlungsgeschick der beteiligten Personen. Die Differenz zwischen Buchwert und Verkaufserlös ist steuerpflichtig, wenn sie positiv ausfällt. Dies sollte man berücksichtigen, wenn man mit dem Verkaufserlös die Errichtung eines neuen Geschäftes plant, z. B. weil man in ein größeres Franchisesystem wechseln will.

Fazit

Der Franchisenehmer ist der Kaufmann vor Ort. Neben der Personalführung und ggf. dem Verkauf ist ein gutes „Zahlenhirn“ essenziell. Der Franchisenehmer sollte seine Kennzahlen kennen und optimieren, sich der Wertsteigerung oder des Wertverlustes seines Geschäftes bewusst sein und Unternehmensentscheidungen zahlenbasiert treffen können. Er sollte schon im Alltag steueroptimiert handeln und nicht erst am Jahresende auf Tipps des Steuerberaters hoffen. Er sollte auch den Unterschied zwischen seinem Unternehmer-Brutto und einem Arbeitnehmer-Brutto kennen, denn für ihn zahlt kein Arbeitgeber noch zusätzlich etwas in die Sozialversicherung ein. Hier rechnen sich manche reicher als sie in Wirklichkeit sind. Gesunde Betriebe mit gesunden Zahlen helfen Mitarbeitern, Franchisenehmern und -gebern. Gerade junge Systeme sollten beim kaufmännischen Sachverstand keine Abstriche machen.


Gastartikel von Nickolas Emrich, Autor „Die 7 Irrtümer im Franchise“


Foto von Luis Villasmil auf Unsplash




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