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Anforderungen an Franchisegeber, Standortsuche, Nachfolge

Volker Güntzel: Gute Morgen meine Damen und Herren, hiermit möchte ich den heutigen Live Chat im Franchiserecht eröffnen und warte gespannt auf Ihre Fragen.

Leser: Hallo Herr Dr. Güntzel, ich möchte eines Ihrer Themen direkt aufgreifen: Welchen rechtlichen Anforderungen müssen erfolgreiche Franchise-Systeme heute gerecht werden?

Volker Güntzel: Hallo, letztendlich sind die rechtlichen Anforderungen an Franchise-Systeme nur einer von mehreren Themenbereichen, um eine erfolgreiche Expansion zu sichern. Diese muss natürlich auf einem soliden Fundament beruhen und dazu gehören gute, auf das jeweilige Franchisesystem maßgeschneiderte Vertragsdokumente. Meine Erfahrung ist, dass allerdings viele angehenden Franchisegeber "unterkapitalisiert" sind, d. h. hier oftmals den vermeintlich günstigsten, aber nicht besten Weg wählen. Eine weitere Anforderung ist, dass natürlich die in dem Franchisevertrag möglichen Instrumente für die Verwirklichung einer so genannten "Systemhygiene" auch verwendet werden müssen. Viele Franchisegeber "kennen" ihren Franchisevertrag dazu aber zu wenig.

Leser: Ich habe gelesen, dass das Bundeskartellamt gerade eben festgestellt hat, dass ASICS seine Händler in wettbewerbswidriger Art und Weise bei deren Internetvertrieb beschränkt hat. Hat diese Entscheidung auch Auswirkungen auf Franchisesysteme?

Volker Güntzel: Ja und zwar bereits deswegen, da sie wiederum zeigt, dass sich das Bundeskartellamt europaweit als eine Art „Vorreiter“ bei dem Kampf gegen Beschränkungen des Internetvertriebs sieht. Nachdem zum Beispiel auch schon Adidas seine diesbezüglichen Vertriebsvorgaben ändern musste, ist davon auszugehen, dass das Bundeskartellamt weitere Präzedenzfälle schaffen will und wird. Zudem ist das Bundeskartellamt auch gegen die Regelung, wonach den Händlern untersagt worden ist, das Asics-Markenzeichen für eigene Suchmaschinenwerbung zu verwenden, vorgegangen. Dies ist für Franchisesysteme relevant, da viele Franchisegeber ihren Franchisenehmern im Rahmen des Franchisevertrages pauschal verbieten, die Marke im Zusammenhang mit eigenen Internetauftritten des Franchisenehmers zu nutzen. Der nachvollziehbare Standpunkt, dass der Inhaber der Marke doch bestimmen können muss, für welche Zwecke er eine Markenlizenz gewährt, scheint dementsprechend unter manchen kartellrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu bestehen. Dies dürfte dann natürlich auch für Franchisesysteme gelten.

Leser: Ich habe kürzlich gelesen, dass ein Franchise-Geber für wettbewerbswidrige Handlungen bzw. unlautere Werbung seiner Franchisenehmer in Anspruch genommen wurde. Könnte der Franchise-Geber eine solche Haftung rechtswirksam ausschließen oder den Franchise-Nehmer zumindest in Regress nehmen?

Volker Güntzel: Es ist zunächst einmal richtig, dass der Franchisegeber wettbewerbs- aber auch markenrechtlich für unlautere oder die Marken anderer Personen verletzende Handlungen seiner Franchisenehmer haftet. Da diese Haftung verschuldensunabhängig ist, besteht in der Regel keine Möglichkeit, eine solche Haftung rechtswirksam auszuschließen. Dies gilt daher zum Beispiel selbst dann, wenn der Franchisenehmer gegen bei seinem Werbeauftritt von dem Franchisegeber vorgegebene verbindliche Vorgaben verstößt. Die gute Nachricht ist aber, dass sich der Franchisenehmer in solchen Fällen bei einem schuldhaften Verhalten gegenüber dem Franchisegeber schadensersatzpflichtig macht. Der Franchisegeber kann also immerhin Regress nehmen.

Leser: Was können denn Franchisegeber machen, um den Internetvertrieb ihrer Franchisenehmer zu kontrollieren oder einzuschränken?

Volker Güntzel: Die aktuelle Entscheidung des Bundeskartellamtes bestätigt wiederum, dass es letztlich die beste Lösung darstellt, wenn der Franchisegeber seinen Franchisenehmern für deren Internetauftritt strenge Richtlinien vorgibt, wie dies zu erfolgen hat. Hohe Qualitätsvorgaben der Gestaltung des eigenen Internetauftritts werden bereits faktisch zumeist dazu führen, dass die Franchisenehmer von einem unter diesen Umständen kostspieligen eigenen Internetauftritt absehen werden. Allerdings gilt natürlich der wichtige Grundsatz, dass sich der Franchisegeber bei seinem eigenen Internetauftritt und auch seinen anderen Vertriebswegen ebenfalls an diese Vorgaben halten muss. Eine spannende Frage ist, ob der Franchisegeber durch die Vorgabe bestimmter Gestaltungen den Verkauf auf Internet-Plattformen wie ebay oder amazon wirksam beschränken kann.

Leser: Welche Instrumente meinen Sie, die der Systemhygiene dienen? Richtlinien, Abmahnungen, Vertragsstrafen?

Volker Güntzel: Sie nennen hier bereits eine Reihe von wichtigen Instrumenten. Letztendlich hat es sich bewährt, wenn dem Franchisegeber in Fällen, in denen ein Franchisenehmer gegen vertragliche Vorgaben oder wichtige Richtlinien verstößt, ein Eskalationsszenario zur Verfügung steht. Dies heißt, es sollte beginnen mit einem freundlichen Hinweis oder einer Ermahnung über die Androhung und erforderlichenfalls die Verhängung von Vertragsstrafen gehen und am Ende folgt die Abmahnung und im äußersten Notfall die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung.

Leser: Wer ist denn für die Standortsuche verantwortlich und haftet daher, wenn sich der Standort später als nicht geeignet herausstellt?

Volker Güntzel: Es ist grundsätzlich die Aufgabe des Franchise-Interessenten, einen geeigneten Standort zu suchen und zu finden. Allerdings muss ihn der Franchisegeber dabei unterstützen, da letztlich nur er die Standortkriterien und Erfolgsfaktoren eines Standorts in dem betreffenden Franchisesystem kennt. Es ist aber immer wieder zu beobachten, dass Franchisegeber bzw. deren Mitarbeiter bei der Unterstützung der Standortsuche der Franchise-Interessenten über das Ziel "hinausschießen". Bei Äußerungen wie, dass der Franchise-Interessent an diesem Standort auf jeden Fall erfolgreich sein wird, kann es durchaus sein, dass Franchisegeber bei einem dann doch nicht geeigneten Standort für diese Aussage haftet, d. h. schadensersatzpflichtig ist.

Leser: Kann ich als Franchise-Nehmerin den Franchise-Vertrag bei Lieferengpässen und anderen negativen Begleiterscheinungen fristlos kündigen? Durch die Lieferengpässe haben wir Umsatzeinbußen zu verzeichnen und es besteht die Gefahr einer anhaltenden Rufschädigung. Ist der Franchise-Geber erst insolvent, gibt es wohl kaum noch Hoffnung auf Schadensersatz?!

Volker Güntzel: Eine außerordentliche Kündigung ist immer nur dann wirksam, wenn es Ihnen als Franchisenehmerin nicht mehr zumutbar ist, an dem Franchisevertrag bis zu dem Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit festzuhalten. Es ist daher stets genau abzuwägen, ob es nicht eine weniger einschneidende Lösung gibt. Diese könnte zum Beispiel darin liegen, dass Sie sich andere Belieferungswege erschließen oder die zu zahlenden Gebühren mindern. Zudem ist zu beachten, dass eine außerordentliche Kündigung in der Regel nur dann wirksam ist, wenn dem Vertragspartner zuvor eine Abmahnung erteilt wird. Dem Franchisegeber muss die Möglichkeit gegeben werden, innerhalb einer gewissen Frist den vereinbarten Zustand wiederherzustellen bzw. etwaige Vertragsverletzungen abzustellen.

Leser: Guten Morgen Herr Dr. Güntzel, was ist bei der Trennung von einem Franchise-Nehmer zu beachten, damit es beiderseits möglichst schmerzlos und ohne Beeinträchtigung anderer Beziehungen abläuft?

Volker Güntzel: Am besten ist natürlich stets, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Bewährt hat sich dabei der Abschluss einer so genannten Aufhebungsvereinbarung, in der verbindlich geregelt wird, unter welchen Bedingungen eine vorzeitige Vertragsbeendigung erfolgt. Dies hilft für sämtliche Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen und zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden. Insgesamt sollte ein Franchisegeber stets Frühindikatoren, die zeigen, dass ein Franchisenehmer nicht mehr von dem System überzeugt ist, beachten und aktiv auf diesen zugehen. Zusammen gelingt es beispielsweise auch besser, einen geeigneten Käufer für den Franchisebetrieb des ausscheidungswilligen Franchisenehmers zu finden. Dies ist die beste Lösung, um die Schäden für beide Vertragspartner bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zu minimieren.

Leser: Kann die Beschränkung der unternehmerischen Freiheit von Franchise-Nehmern zur Nichtigkeit des gesamten Franchise-Vertrages führen, wenn ein Gericht darin eine unangemessene Benachteiligung erkennt?

Volker Güntzel: Ja, dies kann entweder aus AGB-rechtlichen Gründen zur Unwirksamkeit des Franchisevertrages oder auch zur Sittenwidrigkeit und damit zur Nichtigkeit des Vertrags führen. Allerdings zeigen meine Erfahrungen, dass diese Rechtsfolge nur in Extremfällen eintritt. Die Gerichte haben erkannt, dass es in Franchisesystemen zur Sicherung eines einheitlichen Markenauftritts und einer "Quasifilialität" erforderlich ist, den Franchisenehmer in ein "enges Korsett" zu stecken. Wenn der Franchisegeber folglich begründen kann, warum er bestimmte Beschränkungen vorgenommen hat (zum Beispiel zur Qualitätssicherung, Unterstützung des Franchisenehmers etc.) werden diese Beschränklungen in der Regel als nicht relevant erachtet.

Leser: Endet ein Franchise-Vertrag dann automatisch mit der Insolvenz des Franchise-Gebers? Unter welchen Bedingungen könnte der Insolvenzverwalter auf eine Aufrechterhaltung des Vertrages bestehen? Müsste er gegebenenfalls alle Vereinbarungen mit dem Franchise-Geber einhalten?

Volker Güntzel: Nein. Leider ist auch noch nicht endgültig geklärt, ob dem Franchisenehmer in einem solchen Fall ein wirksames außerordentliches Kündigungsrecht zusteht. Ein Insolvenzverwalter kann gegenüber den Franchisenehmern letztendlich aber nur auf einer weiteren Vertragserfüllung bestehen, wenn sichergestellt ist, dass die Franchisegeberpflichten gegenüber den Franchisenehmern weiterhin erfüllt werden.

Leser: Worauf muss der Franchisegeber bei Übernahme der Standortsuche und –bewertung für seine Franchisenehmer sonst noch achten, um Haftungsrisiken zu vermeiden?

Volker Güntzel: Wenn der Franchisegeber diese Aufgaben übernimmt, haftet er natürlich auch dafür, wenn sich zum Beispiel später herausstellt, dass die Standortanalyse fehlerhaft war. Ist die Standortanalyse von einem externen Unternehmen erfolgt, kann sich der Franchisegeber immerhin bei etwaigen Schadensersatzzahlungen an den Franchisenehmer dort schadlos halten (wenn dort genügend Geld vorhanden ist). Ich empfehle daher, dass der Franchisegeber den Franchise-Interessenten verpflichtet, dass dieser selbst einen von dem Franchisegeber vorgegebenen Dritten mit der Standortbewertung beauftragt. In diesem Fall muss sich der Franchisenehmer bei einer fehlerhaften Analyse direkt an den Dritten wenden und kann nicht auf den Franchisegeber zugreifen.

Leser: Welche Wege der Standortsicherung gibt es für den Franchisegeber, die ihn von Standortentscheidungen seines Partners und dem Fortbestand des Franchisevertrages unabhängig machen?

Volker Güntzel: Es gibt mehrere Wege, die, wie alles im Leben, jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Der sicherste Weg ist natürlich derjenige, dass der Franchisegeber selbst als (Zwischen-)Vermieter oder Verpächter auftritt, da er dann stets Zugriff auf die Mietfläche hat. Die zweitbeste Lösung ist die Vereinbarung einer so genannten Mieteintrittsoption, d. h. der Option für den Franchisegeber (oder einen von dem Franchisegeber benannten Dritten) bei Beendigung des Mietvertrages des Franchisenehmers oder des Franchisevertrages in den Mietvertrag einzutreten.

Leser: Macht es Sinn, sich beim Abschluss des Franchise-Vertrages vom Franchise-Nehmer ein Vorkaufsrecht einräumen zu lassen? Oder könnte eine solche Klausel von einem Gericht beanstandet werden?

Volker Güntzel: Dies macht Sinn, d. h. die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts stellt eine weitere Möglichkeit der Standortsicherung dar. Eine solche Vereinbarung wird grundsätzlich nicht von den Gerichten beanstandet. Allerdings besteht der Nachteil, dass dieses Vorkaufsrecht nur eingreift, wenn der Franchisenehmer den Franchisebetrieb verkauft, d. h. eben nicht dann, wenn er ihn nach Vertragsende selbst fortführen will. Daher sollte zusätzliche eine so genannte Kaufoption vereinbart werden, d. h. im Falle der Vertragsbeendigung hat der Franchisegeber (oder ein von dem Franchisegeber benannter Dritter) das Recht, den Franchisebetrieb auf dem Kaufwege zu übernehmen.

Leser: Wie hoch ist die Entschädigungszahlung anzusetzen, wenn wir einem ausscheidenden Franchise-Partner ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auferlegen? Ist eine entsprechende Vereinbarung gerichtlich überprüfbar?

Volker Güntzel: Wenn Sie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren, ist dem Franchisenehmer eine so genannten "Karenzentschädigung" dafür zu zahlen, dass er für einen bestimmten Zeitraum in seiner bisher ausgeübten Tätigkeit keine Einnahmen mehr erzielen kann. Es geht letztendlich um den Betrag, den er als Gewinn mit seinem Betrieb erzielt hat. Eine solche Regelung muss sorgfältig gestaltet werden, da sie unter anderem kartellrechtlichen Anforderungen unterliegt. Sie ist selbstverständlich im Hinblick auf die Frage, ob die Regelung überhaupt wirksam vereinbart worden ist, aber auch im Hinblick auf die von dem ehemaligen Franchisenehmer behauptete Höhe der Zahlungsansprüche gerichtlich überprüfbar.

Leser: Sehr geehrter Herr Doktor Güntzel: Welche Vorkehrungen sind bei Aufnahme einer Multi-Unit-Option in den Franchise-Vertrag zu treffen?

Volker Güntzel: Während früher der Grundsatz galt, dass ein Franchisenehmer nur einen einzigen Franchisevertrag mit einem Betrieb haben sollte, ist dies zu recht nicht mehr anstrebenswert. In einem Franchisevertrag werden hierzu keine speziellen Regelungen benötigt. Im Gegenteil: Es sollte auch hier stets der Grundsatz gelten, dass für jeden einzelnen Franchisebetrieb ein eigener Franchisevertrag abzuschließen ist. Allerdings empfiehlt es sich in der Regel, einen so genannten "Gebietsentwicklungsvertrag" abzuschließen, wenn der Franchisenehmer in einem größeren Gebiet mehrere Franchisebetriebe eröffnen soll. Dort sollte u. a. ein Zeitplan vorhanden sein, wann der Franchisenehmer insgesamt wie viele Franchisebetriebe zu eröffnen hat. Wird dieser Plan nicht eingehalten, sind daran Sanktionen bis zu einer vorzeitigen Beendigung des Gebietsentwicklungsvertrages zu knüpfen. Der ehemalige Gebietsentwickler führt dann ganz normal seine bisher eröffneten Franchisebetriebe fort, während ein neuer Gebietsentwickler weitere Betriebe eröffnet und das frei gewordenen Gebiet vollständig erschließt .

Leser: Ist es denn wirklich so, dass sich die Rechtsprechung im Bereich der vorvertraglichen Aufklärung in der letzten Zeit wieder zu Lasten des Franchisegebers verschärft hat?

Volker Güntzel: Leider ja, d. h. es gibt zwei Entscheidungen von Oberlandesgerichten (OLG Hamm und OLG Düsseldorf), die für neue Diskussionen gesorgt haben. Zwar halte ich diese Entscheidungen für falsch, dennoch müssen diese natürlich beachtet werden. Letztendlich wird in diesen Urteilen gefordert, dass das von dem Franchisegeber zur vorvertraglichen Aufklärung verwendete Datenmaterial auf einer sorgfältigen Untersuchung des Marktes beruhen soll, auf den konkreten Standort ausgerichtet sein muss und nicht lediglich den Charakter einer Schätzung aufweisen darf. Dies bedeutet zum einen, dass der Franchisegeber nicht nur eine Informationsverschaffungs-, sondern sogar eine Informationsbeschaffungspflicht haben soll. Zum anderen stellt sich die Frage, was denn unter einer Schätzung zu verstehen ist. Letztendlich beinhaltet ja eigentlich jede Prognose bezüglich eines potentiellen Standortes eine gewisse Schätzung.

Leser: Kann der Franchisegeber die Altersvorsorge seiner Franchisenehmer unterstützen oder würde dies u.U. den Vorwurf der Scheinselbstständigkeit stützen?

Volker Güntzel: Diesbezüglich wird es darauf ankommen, welche Unterstützungsmaßnahmen vorgenommen werden sollen. Meiner Ansicht nach ist die beste Möglichkeit für den Franchisegeber, seine Franchisenehmer in diesem Bereich zu unterstützen, einen funktionierenden Marktplatz für die Franchisebetriebe zu schaffen. Wenn aus dem System aus Altersgründen ausscheidende Franchisenehmer die Möglichkeit haben, ihren unter Umständen in Jahrzehnten erfolgreich aufgebauten Franchisebetrieb oder ihre Betriebe an Nachfolger oder andere Franchisenehmer zu einem entsprechenden Preis zu veräußern, haben sie auch eine dementsprechende Altersvorsorge.

Leser: Wir zeigen uns bei der Trennung von Franchise-Nehmern üblicherweise eher kulant, aber es kann sich immer nur um einen Kompromiss handeln. Leider hält sich das Verständnis dafür meist in Grenzen. Lässt sich ein solcher Kompromiss von vornherein vertraglich skizzieren, ohne seitens des Franchise-Gebers unabsehbare Risiken einzugehen?

Volker Güntzel: Wir Anwälte sagen, ein Vergleich ist nur dann gut, wenn er beiden Seiten weh tut. Es liegt daher letztlich in der Natur der Sache, dass ein Kompromiss gefunden werden muss. Rechtsstreitigkeiten sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Ich würde zwar nicht empfehlen, in dem Vertrag einen solchen Kompromiss bereits zu skizzieren (ein Franchisevertrag ist erfahrungsgemäß lang genug). Allerdings halte ich es für eine gute Idee, in dem Handbuch oder etwaigen Richtlinien schon einmal die Anforderungen und die Vorgehensweise bei einer etwaigen vorzeitigen Vertragsbeendigung darzustellen. Ob und inwieweit in dem konkreten Fall davon Gebrauch gemacht wird, ist dann stets die Entscheidung des Franchisegebers.

Leser: Inwieweit kann ich als Franchise-Nehmer den Verkauf meines Betriebes in die Altersvorsorge einplanen? Was würde passieren, wenn ein Franchise-Geber den potenziellen Käufer eines Partnerbetriebes ohne nachvollziehbare Begründung ablehnt? Verstieße er damit nicht gegen Treu und Glauben? Könnte ich notfalls eine solche Entscheidung durch ein Gericht überprüfen lassen?

Volker Güntzel: Ich denke, auch für den Franchisenehmer stellt es die beste Lösung dar, wenn für den Franchisebetrieb ein Käufer innerhalb des Systems gefunden wird. Ob und inwieweit ein potentieller Kaufpreis "eingeplant" werden kann, hängt natürlich von zahlreichen Faktoren ab. Wenn das System zum Beispiel nicht attraktiv genug ist oder der Betrieb fast keinen Gewinn erwirtschaftet, wird ein Verlauf schwer bzw. kein guter Kaufpreis zu erzielen sein. Richtig ist, dass ein Franchisegeber einen potentiellen Käufer nur aus sachlichem Grund ablehnen darf. Zum Beispiel muss der potentielle Käufer natürlich alle Anforderungen, die an einen Franchisenehmer des Systems gestellt werden, erfüllen und bereit sein, einen Franchisevertrag abzuschließen. Verweigert der Franchisegeber seine Zustimmung zu dem Verkauf ohne sachlichen Grund, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Leser: Wer hat die Kosten für eine Nachschulung tragen, die aufgrund eines Unfalls über das übliche Maß weit hinausgeht, wenn der Franchise-Vertrag dafür keine Regelung enthält?

Volker Güntzel: Um dies mit Sicherheit beantworten zu können, bräuchte ich leider nähere Informationen und müsste mir die entsprechenden Regelungen in dem Franchisevertrag anschauen. Gerade dann, wenn der Franchisevertrag für einen Einzelfall keine Regelung vorsieht, kann oftmals durch eine Auslegung des Inhalts der vorhandenen Regelungen eine Lösung gefunden werden. Grundsätzlich gilt aber natürlich, dass es in der Verantwortung des Franchisenehmers liegt, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Fortführung des Franchisebetriebs aufrecht zu erhalten.

Leser: Ist der Franchise-Geber zu einer Ausgleichszahlung verpflichtet, wenn er die Nachfolge ablehnt, ohne den Partnerbetrieb selbst übernehmen zu wollen?

Volker Güntzel: Wie bereits erläutert, macht sich der Franchisegeber dann, wenn er den Verkauf eines Franchisebetriebs ohne sachlichen Grund ablehnt, schadensersatzpflichtig. Davon unabhängig kann es natürlich sein, dass er bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen dem ausscheidenden Franchisenehmer bei Beendigung des Franchisevertrages einen so genannten Ausgleich gem. §89b HGB analog zu zahlen hat.

Leser: Bin ich nach Beendigung des Franchise-Vertrages rechtlich zur Herausgebe meiner Kundendatei an den Franchise-Geber verpflichtet? Wie wird der aufgebaute Kundenstamm im Falle einer Ausgleichszahlung nach § 89b HGB bewertet?

Volker Güntzel: Sie sind zur Herausgabe der Kundendatei an den Franchisegeber nur dann verpflichtet, wenn dies vertraglich auch vereinbart worden ist. In einem solchen Fall kann Ihnen der Ausgleichsanspruch nach §89b HGB analog zustehen, allerdings müssen dafür noch weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Die Darstellung, wie der Kundenstamm zu bewerten ist, würde diesen Chat sprengen. Es gibt hier zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen, zum Beispiel, ob es sich wirklich um "Stammkunden" handelt, wie die so genannte "Sogwirkung der Marke" zu berücksichtigen ist, etc.

Leser: Welche weiteren aktuellen Entwicklungen in Gesetzgebung oder Rechtsprechung sind von den Franchise-Systemzentralen zu berücksichtigen?

Volker Güntzel: Wichtig zu beobachten und zu berücksichtigen sind weiterhin die Entwicklungen im Hinblick auf die so genannte Prospektwerbung. Damit sind Fälle gemeint, in denen der Franchisegeber für seine Filial- und die Franchisebetriebe Werbung mit konkreten Preisangaben macht. Zwar gibt es momentan das Bestreben, die entsprechende Vorschrift im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu ändern. Allerdings ist dies bisher nicht erfolgt und in der Rechtsprechung besteht die Tendenz weiterhin zu fordern, dass im Rahmen einer solchen Werbung sämtliche teilnehmenden Betriebe unter Offenlegung der Unternehmeridentität und der Anschrift zu nennen sind. Ein so genannter "Medienbruch", d. h. der Verweis auf die Internetseite des Systems, auf der die teilnehmenden Betriebe dargestellt werden, wird als nicht ausreichend angesehen. Nicht nur, dass es wenig Sinn macht, von großen Franchisesysteme zu verlangen, in einem Werbeprospekt hunderte von Betrieben mit Inhaber und Adresse aufzuzählen. Dies könnte auch einen Verstoß gegen das Kartellrecht darstellen, weil eine vorherige Absprache mit den Franchisenehmern, ob sie an der Aktion teilnehmen wollen, so dass sie in der Werbung auch genannt werden können, eine verbotene Preisabsprache darstellen könnte.

Volker Güntzel: So, meine Finger glühen und ich hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, können Sie sich selbstverständlich gerne an mich wenden. Ich wünsche Ihnen schon vorsorglich ein schönes und erholsames Wochenende und würde mich freuen, Sie bei meinem nächsten Chat wieder begrüßen zu dürfen.

Dr. Volker  Güntzel

Dr. Volker Güntzel

BUSSE & MIESSEN Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

Dr. Volker Güntzel ist einer der deutschen Experten im Franchiserecht, der seit über 15 Jahren exklusiv die Seite der Franchisegeber berät und vertritt.

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