Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Internationalisierungsstrategien im Franchising

Dieter Martius: Guten Morgen
an alle TeilnehmerInnen! Gleich mit einer Änderung: Silvia Schernthaner-Leitner
ist kurzfristig verhindert, daher werde ich – Wolf-Dieter Martius – heute Ihre
Fragen zur internationalen Expansion von Franchise-Systemen beantworten. Nachdem
ich ja selbst Master-Franchisenehmer der Musikschule Fröhlich in Österreich bin,
kann ich auch als “Praktiker” meine Erfahrungen einbringen. Ich freue mich auf
Ihre Fragen!

Leser: Guten Morgen Herr Martius. Welche
Schritte halten Sie bei der Vorbereitung der Internationalisierung eines
Franchise-Systems für entscheidend? Wir haben als wichtigste Etappen die
Strategieentwicklung, eine Machbarkeitsstudie, die Handbuchanpassung und die
Überarbeitung des Marketingkonzeptes geplant.

Dieter Martius: Auch von mir:
Guten Morgen! Der Weg ins Ausland ist für jedes Franchise-System eine große
Herausforderung und es gibt Vieles zu bedenken und strategisch zu planen.
Vermeintlich gibt es auf den ersten Blick nicht allzu viel zu tun, aber die
tatsächliche Umsetzung eines erfolgreichen Franchise-Paketes in einem anderen
Land ist in der Regel sehr komplex. Selbst, wenn es “nur” von Deutschland nach
Österreich geht, obwohl ja hier nicht einmal sprachliche Probleme zu erwarten
sind. Die Punkte, die Sie angeführt haben, sind nur ein Teil des
Internationalisierungspaketes – es gibt vieles mehr, was abgearbeitet werden
muss. Um an dieser Stelle nur eines zu nennen: Es muss ein eigenes
Master-Franchisehandbuch geben, in dem auch für den Master- wie für alle anderen
Franchisenehmer eines Systems – umfangreiche Handlungs- und Umsetzungsoptionen
nachvollziehbar dokumentiert sind.

Leser: Schönen guten Morgen: Welches Fundament
muss sich ein Franchisesystem zuvor zuhause erarbeiten, um den Schritt ins
Ausland zu wagen?

Dieter Martius: Generell gilt auch
für die Internationalisierung: Nur ein erfolgreicher Betriebstyp kann mittels
Franchising multipliziert werden. Soll heißen, dass dieser Erfolg im
“Heimatland” solide belegt werden kann. Egal, in welcher Form man ins Ausland
expandieren will – ohne zusätzliche Investitionen wird es nicht funktionieren.
So müssen etwa in der Franchise-Zentrale Kapazitäten geschaffen werden, die die
zusätzlichen Aufgaben erfüllen.

Leser: Welche personellen Ressourcen sollten
in einer Systemzentrale bereit stehen, um – ohne Zwischenebene – direkt im
Ausland zu expandieren?

Dieter Martius: Sie meinen also
eine direkte Vergabe von Franchisen ins Ausland? Das bedeutet, dass man in der
Zentrale alle Aufgaben erfüllen muss, die einem Franchisenehmer zustehen. Von
der professionellen Rekrutierung bis zur laufenden Betreuung, problemloser
interner Kommunikation, Logistik, Schulungen uvm. Von wie vielen Personen diese
Aufgaben erfüllt werden, kann ich nicht pauschal beantworten. Klar ist aber
auch, dass diese komplexen Bereiche nicht “einfach ein bisschen Mehrarbeit” für
die bestehenden MitarbeiterInnen darstellt, sondern es eine klare Zuordnung von
Zuständigkeiten und interne Prozesse geben muss.

Leser: Können Sie mir einen konkreten
Ratschlag für die Ermittlung der richtigen Reihenfolge der Zielländer im Rahmen
der Internationalisierung geben?

Dieter Martius: Ausgehend von der
Annahme, dass Sie ein deutsches Franchisesystem sind, würde ich zuerst an den
deutschsprachigen Raum denken. Also an Österreich und die Schweiz. Aber auch
hier ist z.B. schon zu bedenken, dass die Schweiz kein EU-Land ist. Also – der
nächste “logische” Schritt wäre daher die EU. Aber das ist natürlich abhängig
vom Betriebstyp, den Sie haben. Es kann auch sein, dass eine Expansion z.B. in
die Länder des ehem. Ostblocks von Anfang an eine Option ist, auch wenn diese
Länder nicht Mitglied der EU sind.

Leser: Lieber Herr Martius, welches sind
generell die gefährlichsten Klippen bei der Internationalisierung eines
Franchise Business?

Dieter Martius: Ich denke, dass
der Aufwand für die internationale Expansion häufig unterschätzt wird. Und das
würde ich schon als die “erste Klippe” sehen. Zweitens gibt es die Tendenz nach
einer grundsätzlichen Entscheidung viel zu schnell vorzugehen und ggfls.
Verträge abzuschließen, ohne die nötigen Vorbereitungen professionell erledigt
zu haben. Das “Master-Franchisepaket” mit umfassenden Leistungen muss fertig
sein. Der “Mastervertrag” alleine ist definitiv zu wenig.

Leser: Brauchen wir für die internationale
Expansion pro Land einen erfahrenen Franchiseberater? Worauf sollten wir bei der
Auswahl gegebenenfalls achten?

Dieter Martius: Als
Franchiseberater sage ich dazu natürlich JA! Aber im Ernst: Man muss auch die
Landes-spezifischen Umstände kennen – und da sind die ansässigen
Franchiseberater sicher eine wichtige Ressource. Ich würde empfehlen, über die
jeweiligen Verbände erste Auskünfte und Empfehlungen einzuholen. Auch wir als
Syncon International Franchise Consultants kennen natürlich in vielen Ländern
KollegInnen, die wir ggfls. empfehlen.

Leser: Welche Auswirkungen wird die aktuelle
Finanzkrise voraussichtlich auf die Internationalisierungsbestrebungen von
Franchise-Unternehmen haben? Rechnen Sie mit Rückschlägen?

Dieter Martius: Puuuhh! Nicht
seriös zu beantworten. Aber sicher abhängig von der Branche, um die es geht,
sehr unterschiedlich zu bewerten. Wir sind ja “branchen-unabhängige”
Franchise-Experten und geben nicht einmal für heimische Systeme Prognosen für
die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Franchisekonzepte ab. Das muss der
(werdende) Franchisegeber selbst wissen. Es gilt aber auch heute: In der Krise
gibt es immer Winner und Loser. Nachhaltige, ökologisch orientierte Systeme
haben sicher langfriste Chancen, auch international.

Leser: Richtig, wir kommen aus Deutschland.
Wie sicher sind aus Ihrer Sicht die Investitionen eines hiesigen
Franchise-Gebers in Osteuropa? Wird Osteuropa einen nochmaligen wirtschaftlichen
Rückschlag verkraften?

Dieter Martius: Etwas zynisch
zurückgefragt: Wird Westeuropa den aktuellen Rückschlag verkraften? Ich
persönlich glaube, dass Länder, die noch nicht so viel “zu verlieren” haben,
größere Wachstumschancen haben. Noch einmal – das ist sicher von der Branche und
ggfls. auch von der Höhe der nötigen Investitionen für Sie und Ihre potentiellen
PartnerInnen abhängig.

Leser: Wie finde ich rechtzeitig heraus, ob es
speziell im vorgesehenen Expansionsland kulturelle, rechtliche oder logistische
Stolpersteine für unser Franchise Business gibt?

Dieter Martius: Wenden Sie sich
als erstes an die Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammern (Ö.) bzw. der IHK
oder ähnlichen Institutionen in Deutschland. Dort erfahren Sie sicher schon viel
und es kostet wahrscheinlich gar nichts. Danach würde ich mir die Zeit nehmen,
ins Land zu reisen und persönlich erste Kontakte vor Ort zu knüpfen und
Branchen-relevante Informationen sammeln. So bekommen Sie auch ein Gefühl für
die sozio-kulturellen Besonderheiten eines Landes. Wie gesagt: Lokale
BeraterInnen, auch Steuerberater und die ansässigen Institutionen sind sicher
gute Ressourcen, um die nötigen Informationen zu sammeln.

Leser: Sie boten netterweise gerade an, uns
Beraterkollegen aus anderen Ländern zu empfehlen. Gibt es kein internationales
Netzwerk von Franchiseberatern, die bei Internationalisierungsprojekten im
Franchising eng zusammenarbeiten? So etwas hätte den Vorteil, dass Erkenntnisse
vorbehaltlos an den Netzwerkpartner weitergereicht würden.

Dieter Martius: Ein 100%-ig
funktionierendes Beraternetzwerk gibt es derzeit nicht, aber wenn Sie bei uns
konkret anfragen und das Land nennen, um das es geht, werden wir Ihnen
KollegInnen empfehlen oder wenigstens weitere Schritte. Schicken Sie Ihre Frage
einfach an office@syncon.at. Erste Auskünfte betrachten wir als “Service”.

Leser: Was halten Sie davon, einen
ausländischen Master einige Tage in der Systemzentrale sowie in einem
Franchise-Betrieb im Inland mitarbeiten zu lassen?

Dieter Martius: 100%-ige
Zustimmung!

Leser: In welchen Fällen würden Sie Direct
Franchising, Joint Ventures, Master Franchising oder Area Development für die
Auslandsexpansion den Vorzug geben? Wo sind die Vorteile und Nachteile dieser
verschiedenen Internationalisierungswege zu sehen?

Dieter Martius: Wieder ganz
abhängig von Ihrem Betriebstyp. Generell gilt: Je strikter Sie Ihre
Franchise-Idee umsetzen wollen, umso mehr sollten Sie die Umsetzung selbst in
die Hand nehmen. Neben dem Direkt-Franchising wäre die Gründung einer eigenen
Landeszentrale sinnvoll, je nachdem, wie viele PartnerInnen sie suchen. Dabei
kann es sinnvoll sein, ein Joint Venture mit einem lokalen Co-Investor
einzugehen. Je mehr Anteile Sie selbst haben, umso mehr können Sie bestimmen und
führen. Die “riskanteste” Form der Internationalisierung unter diesem Aspekt ist
die Vergabe einer Master-Franchise. Hier hat der Master mehr Möglichkeiten, das
System zu “verwässern” – unter dem Motto: “Bei uns ist ja alles anders!”

Leser: Herr Martius, welche Erfahrungen und
finanzielle Ausstattung sollte der ideale Master-FranchiseNehmer Ihrer Meinung
nach mitbringen? Sind auch politische Beziehungen im Zielland wichtig?

Dieter Martius: Wieder ganz
System- und Landesabhängig. Ich kann diese Frage nicht pauschal
beantworten.

Leser: Welche Themen sind für die Schulung
eines ausländischen Masters besonders wichtig? Sollte die Schulung des
ausländischen Masters besser im Zielland oder im Inland stattfinden?

Dieter Martius: Schulung ist
generell einer der wichtigsten Faktoren im seriösen Franchising. Wo sie
stattfindet, ist prinzipiell irrelevant, aber natürlich – wie auch schon vorher
in einer Antwort erwähnt – kann und soll das Franchisesystem im Ursprungsland
kennen gelernt werden.

Leser: In welchen Fällen eignet sich die
Starbucks-Methode für die internationale Expansion, nämlich die
Franchise-Vergabe an ein großes Filialunternehmen?

Dieter Martius: Zur
Internationalisierungsstrategie von Starbucks kann ich nicht konkret Stellung
nehmen. Generell kann eine Zusammenarbeit mit einem nationalen Filialunternehmen
eine Option für die Expansion ins Ausland sein.

Leser: …. und welche Themen sind für die
Schulung eines Masters besonders wichtig?

Dieter Martius: Der Master muss
zwei Funktionen erfüllen können und darauf vorbereitet sein: 1. Er ist besonders
verantwortungsvoller Franchise-Nehmer 2. er wird hoffentlich genauso
verantwortungsvoller Franchise-Geber für seine PartnerInnen. ZU 1.: Er muss das
System, die Idee und die Philosophie nicht nur gut kennen, sonder sie auch
“seiner” machen! Wie sonst soll “der Funke springen”? Ein Master muss ja auch
selbst seine Franchise-Nehmer rekrutieren. Zu 2.: Die Aufgaben als
Franchise-Geber sind komplex – aber das wissen Sie ja selbst. Auch dafür muss
ein Master von Ihnen das Rüstzeug erhalten und neben der finanziellen
Voraussetzungen auch persönliche Eigenschaften haben, die ihn als Systemführer
für ein Land wirklich qualifizieren.

Leser: Wie sind die Erfolgsaussichten und
Risiken einer bloßen Lizenzvergabe an einen ausländischen Partner im Vergleich
zum Franchising? Und die des Master-Franchising gegenüber dem Area
Development?

Dieter Martius: Das sind drei
Fragen: 1. Erfolgsaussichten muss der (Franchise-) Lizenzgeber selbst beurteilen
können. 2. Wir haben einen “Merksatz”: Mit der Vergabe einer “Lizenz” ist die
Arbeit für den Lizenzgeber eigentlich vorbei, mit der Vergabe einer “Franchise”
beginnt sie erst! Ein Franchise-Geber übernimmt ein hohes Maß an
Mitverantwortung für den langfristigen Erfolg seiner PartnerInnen. 3. Ein
Area-Developer bahnt Verträge an, die dann in Form einer Direkt-Franchise mit
der Franchise-Zentrale des Ursprungssystems geschlossen werden. In wie weit der
Area-Developer auch die laufende Betreuung wahrnimmt, ist extra zu regeln.
Wieder sehr systemabhängig, ob dieser Weg erfolgversprechend sein wird.

Leser: Gibt es Franchiseberater, die
thematisch den Aufbau der Systemzentrale ebenso wie die Rekrutierung, Schulung
und Finanzierung der Franchisenehmer abdecken? Oder müssen jeweils Spezialisten
gesucht werden?

Dieter Martius: Sie suchen die
“eierlegende Wollmilchsau”. Wir von der Syncon decken diese Themen alle
konzeptionell und strategisch ab, die Umsetzung delegieren aber auch wir an
unsere assoziierten Experten. Am Anfang steht immer die Organisation und der
Aufbau einer Franchise-Zentrale – da sind wir sicher die Richtigen. Die
Rekrutierung ist für fast alle Systeme die größte Herausforderung. Dafür haben
wir gerade in Kooperation mit dem DFI und VBC-Verkaufstrainings ein
Spezialseminar durchgeführt und werden das weiter entwickeln. Für Themen wie die
Finanzierung können wir tlw. semi-standardisierte Tools anbieten, ebenso
Konzepte für Schulungen.

Leser: Welche Marge kostet ein zusätzlicher
Master bzw. Gebietsentwickler ganz ganz grob?

Dieter Martius: Ganz ganz klar:
Für einen Master gilt das Gleiche wie für einen “normalen” Franchise-Nehmer: Er
muss langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein und auch nach 5 Jahren sagen:
Gott sei Dank bezahle ich nur X Prozent oder den Betrag X, denn alleine könnte
ich mir die Leistungen, die ich dafür erhalte, nie leisten. Noch einfacher: Ich
verdiene mit meinem Franchise-Geber mehr Geld als ohne ihn. Zusätzlich beim
Master ist zu beachten: Die wahrscheinlich höheren Investitionen müssen sich in
einem überschaubaren Zeitrahmen amortisieren. Letztendlich muss auch ein
Gebietsentwickler langfristig gut von seiner verantwortungsvollen Aufgabe leben
können. Häufige Wechsel in solchen Positionen sind sicher kontraproduktiv. So
sollten Sie an dieses Thema herangehen, denken Sie weniger an “Margen” oder
Prozentsätze. Franchising ist eine Partnerschaft für gemeinsamen Erfolg auf
Augenhöhe. Das gilt auch – vielleicht sogar besonders – für internationales
Franchising. Siehe auch dazu das Buch meiner Frau Waltraud Martius “Fairplay
Franchising”

Leser: Können Sie mir jene Komponenten eines
Franchise-Konzeptes nennen, die als Konsequenz einer
Internationalisierungsstrategie regelmäßig überarbeitet und angepasst werden
müssen?

Dieter Martius: Leider sind wir am
Ende unserer Zeit. Ich biete gerne allen Chat-TeilnehmerInnen an, über unsere
Website weitere Informationen zu suchen bzw. auch konkrete Fragen zu stellen.
Wir geben gerne Auskunft, auch ohne gleich den “Taxameter” einzuschalten. Bitte
verzeihen Sie mir die wahrscheinlich häufigen Tippfehler – ich hoffe, dass Sie
auch so ausreichend Auskünfte erhalten haben. Herzliche Grüße aus Salzburg und
viel Erfolg bei all Ihren Plänen! Wolf-Dieter Martius

Dieter Martius
SYNCON International Franchise Consultants
Ausbildung und Berufserfahrung: – Matura – Lehramtsprüfung für Hauptschule (Englisch und Musikerziehung) – Drei Jahre Tätigkeit als Lehrer Vertriebserfahrung: – mehrere Jahre im Yacht-Verkauf und -Charter im In- und Ausland, u.a. beim größten Yacht-Händler Europas, Fa. Boote Feichtner in Linz. – Drei Jahre in BRD erfolgreich als Pharma- und Klinikreferent für die Firmen Lipha und […]

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