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Chancen und Konsequenzen der Franchise-Entscheidung

Hubertus Boehm: Guten Morgen, liebe Teilnehmer, ein strahlendes Wochenende steht vor der Tür. Aber zunächst wollen wir uns ja erst noch einmal mit ernsthaften Fragen beschäftigen: Chancen und Anforderungen des Franchising. Ich bin gespannt auf Ihre Fragen, Ihr Hubertus Boehm

Leser: Guten Morgen Herr Dr. Boehm, vielen Dank, dass Sie sich heute Morgen die Zeit nehmen, Fragen zu beantworten. Ich möchte ganz allgemein den Anfang machen und entsprechend des heutigen Themas gerne erfahren, wie Sie aktuell die Chancen im Franchising sehen? Für (angehende) Franchisegeber und für Franchisegründer. Vielen Dank!

Hubertus Boehm: Selbstverständlich nehme ich mir gerne die Zeit und freue mich auf den Dialog. Ich selbst habe natürlich keinen sehr weiten und allgemein gültigen Überblick. Habe aber gerade gestern an einem vom DFV veranstalteten Erfahrungsaustausch der Franchise-Berater in Düsseldorf teilgenommen. Auch dort kam dieses Thema zur Sprache. Der allgemeine Tenor war, dass die seit über 100 Jahren beobachtete Wirtschaftskraft des Franchising ungebrochen ist. Allerdings gibt es in Deutschland gegenwärtig relativ geringes Interesse von Gründern. Das mag eine Folge der Vollbeschäftigung sein. Andererseits hat man allerdings auch den Eindruck, dass bei vielen potenziellen Franchise-Nehmern der Aspekt der sozialen Absicherung im Vordergrund steht. Möglicherweise tragen auch die gegenwärtig unsicheren gesamtwirtschaftlichen Perspektiven dazu bei (Euro, Grexit). Davon abgesehen ist eine gewisse Polarisierung erkennbar. Auf der einen Seite stehen kleine mittelständische Franchise-Systeme mit gewöhnlich unzureichender Eigenkapitalausstattung, oft wenig professioneller Ausprägung und geringem Wachstum. Auf den anderen Seite expandieren kapitalstarke Konzerne unter strategischen Aspekten im Franchising - häufig international. Dies sind zwei grundverschiedene "Welten". Die übereinstimmende Meinung der in Düsseldorf vertretenen Berater einschließlich des DFV ist, dass erfolgreiches Franchising einen hohen Grad an Professionalisierung mit entsprechendem Kapitaleinsatz erfordert. Die Perspektiven für kleinere mittelständische Systemgründer sind nur dann positiv, wenn vor Beginn der Systementwicklung der Kapitalbedarf einschließlich "Durststrecke" einer professionellen Systemzentrale gesichert ist. Diese Frage muss zuerst geklärt werden.

Leser: Hallo, was passiert, wenn ich mich für ein Franchiseunternehmen entscheide, starte und dann merke, dass es doch nicht das Richtige ist? Ich meine, es ist doch eigentlich wie im Job, man kann den Job während des Bewerbungsgesprächs noch gar nicht einschätzen. Dafür gibt es dann ja die Probezeit mit kurzfristiger Kündigungsoption.

Hubertus Boehm: Und genau das ist im Franchising anders! Die Tätigkeit als Angestellter ist grundverschieden vom Unternehmertum. Der Angestellte ist weisungsgebunden, hat einen eng begrenzten Gestaltungsspielraum und "verkauft" seine Arbeitszeit von "acht bis fünf". Er kann sein Einkommen nur in gewissen Grenzen beeinflussen. Der Franchise-Unternehmer ist zwar innerhalb des Geschäftsmodells ebenfalls an "Leitplanken" gebunden, kann aber in diesem Rahmen frei agieren. Er setzt Kapital ein - gewöhnlich sein gesamtes Vermögen - und verschuldet sich im Vertrauen auf künftige Gewinne. Er trägt Risiko. Das ist das Wesen des Unternehmers und zugleich die Chance für wirtschaftlichen Erfolg. Oft errichten erfolgreiche Franchise-Nehmer innerhalb der Kette weitere Geschäfte. Allerdings bedeutet Franchising auch eine langfristige Bindung. Es liegt im Interesse beider Seiten, dass man sich vor Vertragsabschluss gegenseitig eingehend prüft: ob man persönlich und fachlich zueinander passt. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist auch, ob der angehende Franchise-Nehmer den notwendigen unternehmerischen "Biss" hat. Diese Prüfung geschieht im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung. In dieser Zeit erhält der Franchise-Nehmer umfassenden Einblick in das Geschäftskonzept sowie die bisherige Entwicklung. Dazu gehören auch Zahlen der Pilot- oder typischer Franchise-Betriebe. In vielen Fällen hat der angehende Franchise-Nehmer die Möglichkeit, im Rahmen eines "Schnupperns" in einem Franchise-Betrieb mitzuarbeiten. Für den Franchise-Geber ist dies zugleich eine gute Gelegenheit, den potenziellen Partner in der Praxis kennenzulernen.

Leser: Es gibt Eignungstests für Jobsuchende und für Unternehmer. Gibt es so etwas auch für Franchisegeber? Falls nicht, wann bin ich als Person gut geeignet für die Aufgaben eines Franchisegebers?

Hubertus Boehm: Ein angehender Franchise-Geber sollte auf jeden Fall zunächst einen Eignungstest vornehmen. Wie bereits gesagt erfordert die Systementwicklung beträchtliche Investitionen sowie Engagement und Zeiteinsatz des Gründers. Wenn sich nach Jahren herausstellt, dass es "schief geht", hat der Franchise-Geber nicht nur Kapital und Zeit verloren, sondern oft auch die Motivation für einen neuen Start. Vor diesem Hintergrund haben wir einen Franchise-Eignungs-Check entwickelt, der das komplexe Thema in rund 100 Einzelfragen aufgliedert. Sie werden vom angehenden Franchise-Geber "aus dem Bauch" auf Skalen beantwortet. Aus diesem Profil ist zu erkennen, ob und wo das Franchise-Projekt Schwächen hat. Soweit diese Schwächen nicht durch "konstruktive Änderungen" sowie Zukauf von Know-how oder Kapazität kompensiert werden können, erscheinen die Erfolgsaussichten fragwürdig. Auf Wunsch schicke ich Ihnen diese Checkliste zu. Darüber hinaus bin ich gerne bereit, das Profil mit Ihnen persönlich oder telefonisch zu diskutieren. Für Sie als Chat-Teilnehmer ist dies selbstverständlich kostenfrei.

Leser: Von welchen Zeiträumen sprechen Sie bei "langfristiger Bindung"?

Hubertus Boehm: In der Regel läuft ein Franchise-Vertrag mindestens zehn Jahre. Es können auch fünf Jahre sein mit der Option für den Franchise-Nehmer auf weitere fünf Jahre. Diese Laufzeiten ergeben sich aus den Anforderungen der KfW für die Förderung von Existenzgründern durch staatliche Mittel. Man will damit sicherstellen, dass die Fördermittel über einen längeren Zeitraum genutzt werden können und somit sinnvoll angelegt sind. Abgesehen davon ist aber auch die Philosophie des Franchising auf eine langfristige Partnerschaft ausgelegt. Der Normalfall ist daher eine (teilweise wiederholte) Verlängerung des Vertrags. Ein beträchtlicher Teil der Franchise-Nehmer arbeitet lebenslang mit dem Franchise-Geber zusammen. Teilweise geht die Partnerschaft auf die nächste Generation über - sowohl beim Franchise-Geber als auch beim Franchise-Nehmer.

Leser: Mit Bezug auf Ihre 1. Antwort: Woran erkenne ich ein Franchisesystem mit "ausreichender Kapitalausstattung" und "einen hohen Grad an Professionalisierung"? Sind für mich als Gründer die Chancen höher, wenn ich ausschließlich nach Franchisesystemen aus "dieser Welt" Ausschau halte?

Hubertus Boehm: Natürlich sind Ihre Chancen größer, wenn Sie sich einem qualitativ hoch entwickelten Franchise-System mit einem zukunftssicheren Geschäftsmodell anschließen. Um das System zu identifizieren, müssen Sie Marktforschung betreiben. Es gibt zwar kein Franchise-Gesetz, aber nach der Rechtsprechung ist jeder Franchise-Geber verpflichtet, einem Interessenten umfassenden Einblick in sein System und die wirtschaftlichen Ergebnisse typischer Betriebe zu geben. Details dazu hat der DFV in der Richtlinie "Vorvertragliche Aufklärung" zusammengefasst. Anhaltspunkte bietet die Dokumentation des Know-how im Handbuch, die personelle Ausstattung der Systemzentrale (quantitativ und qualitativ), die Betreuung der Franchise-Nehmer, die Kommunikation innerhalb des Systems einschließlich Erfahrungsaustausch, Qualitätsmanagement und zeitnahes Erfolgscontrolling. Hinzu kommt selbstverständlich die bisherige Entwicklung des Netzwerks. Wenn das alles "passt", können Sie davon ausgehen, dass auch die Kapitalbasis stimmt.

Leser: Lieber Herr Doktor Boehm, wann erfüllt ein Einzelunternehmen all die spezifischen Voraussetzungen für den Aufbau eines Franchise-Systems?

Hubertus Boehm: Voraussetzung für einen erfolgreichen Start als Franchise-Geber ist nicht nur, wie mehrfach ausgeführt, ausreichender Kapitalbedarf für Systemaufbau und "Durststrecke", sondern an erster Stelle die "zündende Idee". Damit meine ich ein Geschäftsmodell, das vom Markt angenommen wird und langfristig marktgerecht ist. Das Konzept muss dann natürlich in Pilotbetrieben erprobt werden. Ein wesentlicher Aspekt sind dabei Wettbewerbsvorteile irgendwelcher Art. Das kann eine neuartige Dienstleistung oder ein ungewöhnliches Sortiment im Handel sein. Da solche Innovationen in der Regel kopierbar sind, muss der Franchise-Geber versuchen, seine Position durch den Aufbau einer starken Marke abzusichern. Eine Wortmarke ist dabei besser als eine Wortbildmarke.

Leser: Könnten wir Ihrer Meinung nach im Franchising mit einer kostengünstigen Light-Version starten, um die Erfolgschancen erst einmal zu testen? Mehrjähriger Pilot ist vorhanden.

Hubertus Boehm: Mit der "Light-Version" meinen Sie offenbar ein Lizenzsystem, das manchmal auch als "Soft-Franchsing" bezeichnet wird. Der Unterschied zum Franchise-System besteht vor allem darin, dass die Betreuung weniger intensiv ist, Qualitätsmanagement nur in engen Grenzen geschieht und Erfolgsmonitoring nicht vorgesehen ist. Diese Version verringert den Aufwand des Franchise-Gebers beträchtlich, ist jedoch dann bedenklich, wenn der Franchise-Geber ein Netzwerk unter vertriebsstrategischen Aspekten errichtet. Das Gleiche gilt, wenn er eine starke Marke besitzt oder aufbauen will. Der Übergang von einer Light-Version zum "Business Format Franchising" im klassischen Sinn führt zu einem "Zwei-Klassen-System". Mit neuen Franchise-Nehmern kann man einen härteren Franchise-Vertrag abschließen. Die Umwandlung der weicheren Verträge in härtere stößt aber in der Regel auf Probleme. Dies gilt auch für die Franchise-Gebühren, die in der härteren Version natürlich höher sein müssen als in der weicheren.

Leser: Anhand welcher Kriterien lässt sich vorab der Aufwand für eine etwaige Systementwicklung abschätzen?

Hubertus Boehm: Investitionen des angehenden Franchise-Gebers fallen vor allem an für Erwerb des Franchise-Know-how (Seminare, Berater, Rechtsanwalt), Businessplan mit ausführlicher Beschreibung des Geschäftsmodells, Dokumentation des Know-how im Handbuch, Website/Intranet, Controlling-Tool, Schulungs-Tool, Pilotbetrieb(e) und die berühmte "Durststrecke" einer (Mini-) Zentrale bis Break even. Sie ist der bei Weitem größte "Brocken" der gesamten Investition. Gerade die ersten Franchise-Nehmer benötigen eine besonders intensive Betreuung, weil sie auch dann noch "Versuchskaninchen" sind, wenn der Franchise-Geber zuvor die Eignung des Geschäftsmodells in Pilotbetrieben erfolgreich getestet hat. Dies alles bedeutet einen Arbeitseinsatz des Franchise-Gebers oder qualifizierter Mitarbeiter in der Größenordnung von rund 500 bis 1.000 Stunden.

Leser: Fällt es denn Soft Franchise-Anbietern aufgrund der geringeren Eintrittsgebühren leichter, erste Partner zu finden? Oder gerade nicht, weil man nicht zur Welt der besonders professionellen und kapitalstarken Systeme gehört, wie Sie oben beschrieben haben?

Hubertus Boehm: Soft-Franchising kann genauso professionell vorbereitet und betrieben werden wie das klassische Franchising. Der Unterschied liegt ja nur im Verzicht auf engere "Leitplanken". Daher ist es im Allgemeinen leichter, erste Partner zu finden. Man sollte nur bei der Rekrutierung auf das Besondere des Soft-Franchising hinweisen.

Leser: Welche weiteren Vorteile und Nachteile haben Sie in Ihrer Beratungstätigkeit bei Soft-Franchising festgestellt, außer dass am Anfang der Aufwand geringer und der spätere Übergang schwierig ist?

Hubertus Boehm: Beim Soft-Franchising sind gewöhnlich auch die Anforderungen an die Franchise-Nehmer etwas geringer. Wird später das System in ein strengeres System klassischer Prägung überführt, entspricht möglicherweise ein Teil der bisherigen Franchise-Nehmer nicht dem neuen Anforderungsprofil. Daraus ergibt sich eine größere Heterogenität.

Leser: Mit Blick auf die Angebote im Franchiseportal stelle ich fest, dass große Franchisesysteme mit starker Marke und wahrscheinlich guter Kapitalsituation und professioneller Organisation ziemlich hohe Investitionen fordern. Wenn man das Geld nicht hat und ein hohes Schuldenrisiko scheut, dann bleiben einem fast nur die kleineren und schwächeren Systeme. Oder man gründet selbst. Ist Franchise nur interessant mit dicker Geldbörse?

Hubertus Boehm: In erster Linie ist wichtig, was Sie künftig beruflich tun wollen. Ausschlaggebend sind Ihre persönlichen Ziele, Neigungen und Talente. Damit wird die Zahl der potenziellen Franchise-Systeme weitgehend eingegrenzt. Im nächsten Schritt geht es darum, ein zukunftssicheres Konzept auszuwählen. Das Thema Investition und Risiko behandeln Sie im Rahmen der Vorvertraglichen Aufklärung gemeinsam mit dem Franchise-Geber - zunächst noch unverbindlich. Dabei entwickeln Sie einen Geschäftsplan, der Ihre Investitionen bis zur Gewinnschwelle aufzeigt. Anhand dieser Zahlen können Sie abschätzen, ob Ihnen das Risiko vertretbar erscheint oder nicht. Mit der Größe des Franchise-Systems hat das nichts zu tun. Jeder Franchise-Geber hat einmal klein begonnen. Wenn Sie selbst gründen, haben Sie natürlich das volle Risiko. Im Franchising wird es gemindert durch die Erfahrungen des Gebers und der bisherigen Franchise-Nehmer.

Hubertus Boehm: Liebe Teilnehmer, hoffentlich konnte ich Ihre Fragen erschöpfend beantworten. Wenn noch etwas ungeklärt ist, schicken Sie mir bitte ein Mail. Ihnen ein schönes Wochenende und bis zum nächsten Mal, Ihr Hubertus Boehm

Dr. Hubertus Boehm

Dr. Hubertus Boehm

SYNCON Consulting GmbH

Dr. Hubertus Boehm ist seit 1972 auf die Entwicklung von Franchise-Systemen spezialisiert und gehört auf diesem Gebiet zu den Pionieren im deutschsprachigen Raum.

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