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Besonderheiten eines Social-Franchisevertrages

Bereits seit geraumer Zeit geistert der Begriff des „Social Franchising“ durch die Medien und durch die Franchisebranche. Genau genommen wissen aber nur wenige, worum es dabei geht.

Dies zu ändern, hatte sich jetzt das 1. Social Franchise Forum, welches in Wien stattfand, zur Aufgabe gemacht. Beim Social Franchising handelt es sich, wenn man es genau betrachtet, um ganz normales Franchising, jedoch unter besonderen Vorzeichen. Franchising ist die Multiplizierung eines Geschäftskonzeptes, welches dann durch andere selbstständige Unternehmer an anderen Orten nach dem Muster eines vom Franchisegeber betriebenen Pilotbetriebes durchgeführt wird.


Social Franchising als Multiplizierungsmodell für soziale Projekte
Genauso verhält es sich beim Social Franchising. Jedoch wird hier nicht ein auf Gewinn ausgerichtetes kommerzielles Geschäftskonzept repliziert, sondern vielmehr ein soziales Projekt. Dies schließt nicht aus, dass auch dieses soziale Projekt durch einen Unternehmer durchgeführt wird, der von diesem Unternehmen leben muss. Man bezeichnet ihn heutzutage als „Social Entrepreneur“.

Als Beispiele seien genannt eine Jobvermittlungsplattform für Behinderte, ein Brustkrebsfrüherkennungskonzept mittels blinder Tastuntersucherinnen, eine Designwerkstatt für arbeitslose Jugendliche, und eine Agentur für so genannte barrierefreie Kommunikation unter Mitwirkung Behinderter.


Auswirkungen auf den Franchisevertrag
Welche rechtlichen Auswirkungen haben nun die unterscheidenden Besonderheiten im Vergleich zum kommerziellen Franchising?
 
Da es sich von der Struktur her beim Social Franchising zunächst um ganz normales Franchising handelt, wird auch ein Franchisevertrag eines Social-Franchisesystems mit einem sonst üblichen Franchisevertrag vergleichbar sein.


Einbindung Dritter neben Franchisegeber und Franchisenehmer
Doch bereits hinsichtlich der handelnden Personen kann es zu nicht unwesentlichen Unterschieden kommen. So kommt es gerade bei sozialen Projekten häufig vor, dass derjenige, der die ursprüngliche Idee hatte und diese auch in der Praxis ausprobiert, nicht selbst als Unternehmer und als Franchisegeber auftreten will, sondern dass er die Aufgabe eines Franchisegebers einer wirtschaftlich kompetenteren und erfahreneren Person oder Gesellschaft überträgt. Franchisegeber wäre dann dieses letztgenannte Unternehmen, der ursprüngliche Ideengeber jedoch ist gegebenenfalls als geistiger Urheber oder als Lizenzinhaber ebenfalls im Rahmen des Franchisevertrags zu berücksichtigen.

Da Social-Franchisesysteme oft nicht gewinnbringend arbeiten können, weil die Zielpersonen weniger als Kunden, sondern vielmehr als Begünstigte zu betrachten sind. Daher stellt sich meist die Frage eines Förderers. Teilweise kann ein solcher Förderer auf Seiten des Franchisegebers stehen, teilweise aber kann es sein, dass die einzelnen Franchisenehmer jeweils ihre eigenen Förderer akquirieren müssen. Da das System nicht funktioniert, ohne dass der Förderer verbindlich seine zugesagten Unterstützungsleistungen erbringt, ist dieser gegebenenfalls auch als dritte Person in das Vertragswerk eines Social-Franchisevertrages einzubeziehen.


Franchisegeber als Koordinator
Hinsichtlich der Person des Franchisegeber selbst ist zu beachten, dass dieser im Vergleich zum kommerziellen Franchising häufig deutlich umfassendere Aufgaben wahrnehmen muss, da er nicht nur für sein eigenes System verantwortlich ist, sondern sich letztlich in moralischer Art und Weise für die Nutznießer des jeweiligen sozialen Projekts verantwortlich fühlt. Ihm kommt daher in gesteigertem Maße die Aufgabe eines Koordinators zu, der die einzelnen Franchisenehmer, gegebenenfalls mehrere Förderer, und weitere Beteiligte, ohne die das jeweilige soziale Projekt nicht verwirklicht werden kann, zusammenbringt. Auch dadurch ergeben sich im Rahmen des Franchisevertrages konkrete Verpflichtungen des Franchisegebers, die rechtlich fixiert werden müssen.

Auf Franchisenehmerseite ist zu berücksichtigen, dass dessen Mitarbeiter häufig Ehrenamtliche sein werden, so dass auch insoweit hinsichtlich seines Personalbestandes andere Grundsätze zu gelten haben.

Des Weiteren können sich Besonderheiten ergeben, wenn bereits bestehende Unternehmen zusätzlich als Franchisenehmer eines Social-Franchisekonzeptes auftreten (so genannte „fractional franchisees“), beispielsweise auch soziale Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft, bei denen dann ein Co-Branding erforderlich ist, also ein Auftritt unter gemeinsame Nutzung der ursprünglichen Marke und der Marke des Social-Franchise-Systems. Auch insoweit muss der Franchisevertrag klare rechtliche Regelungen treffen.


Replizierung aller oder nur einiger Elemente des Pilotprojekts?
Auch im Rahmen der Umsetzung des sozialen Projektes an anderen Orten kann es Besonderheiten geben. Oft wird es notwendig sein, nicht alle Aspekte des Pilotbetriebes 1:1 auf die Franchisenehmerbetriebe zu übertragen, sondern angesichts der Besonderheiten sozialer Milieus und des unmittelbaren Umgangs mit entsprechend bedürftigen Menschen lediglich Teilkomponenten des Systems zu replizieren und anderer Teile der Kreativität der Franchisenehmer zu überlassen. In diesem Zusammenhang fällt auch die mehr als im kommerziellen Franchising notwendige Anpassung an kulturelle Besonderheiten des jeweiligen Zielgebietes.

Auch in der Zusammenarbeit von Franchisegeber und Franchisenehmern lebt ein Social-Franchisesystem mehr als gewöhnlich von den besonderen Erfahrungen der Franchisenehmer, die gerade im Umgang mit Menschen nicht weniger wichtige Erfahrungen machen, als sie der Franchisegeber bei seinem Pilotprojekt gemacht hat. Ein stärkeres Miteinander, und dadurch ein so genanntes „selbstlernendes Netzwerk“, müssen damit ebenfalls einen Niederschlag in den entsprechenden Rechte- und Pflichtenkatalogen eines Franchisevertrages finden.


Auswirkungen des sozialen Charakters des Projekts auf den Franchisevertrag
Der Geist des Sozialen und gewisse ethische Grundansprüche führen dazu, dass dem Franchisenehmer in der Regel eine leicht geänderte Position zukommt im Vergleich zu kommerziellen Franchisesystemen. So ist einerseits die Kontrolle der Franchisenehmer nicht minder wichtig, um den Ruf des Systems und damit die Unterstützungsleistungen von Förderern nicht zu gefährden, andererseits aber ist dem Franchisenehmer auch ein größerer Spielraum für Kreativität und Innovation einzuräumen.
 
Da im Verhältnis Franchisegeber zu Franchisenehmer andere ethische Grundsätze gelten sollten, sollte einem Franchisenehmer ein leichterer Ausstieg durch Gewährung bestimmter Rücktrittsrechte ermöglicht werden, zumal ein vertraglich begründeter Zwang zum Weiterbetreiben eines oft altruistisch geprägten Unternehmens widersinnig erscheinen kann, und zudem hinsichtlich der vertragsgegenständlichen sozialen Dienste kontraproduktiv zu werden droht.

Aus demselben Grunde scheint es in der Regel auch nicht angebracht, dem Franchisenehmer das volle Investitionsrisiko aufzubürden, da die Initiierung eines sozialen Projekts oft ohne große finanzielle Mittel einhergeht, und lediglich von den Unterstützungsleistungen der Förderer abhängt.

Da die Zielpersonen weniger als Kunden, sondern vielmehr als Begünstigte zu beschreiben sind, wird der Franchisenehmer in vielen Fällen nicht unmittelbar Geld verdienen können, sondern sein Unternehmen aufgrund der Leistungen eines Förderers betreiben. Angesichts dessen erscheint die Erhebung von Franchisegebühren durch den Franchisenehmer in vielen Fällen als unangemessen - bestenfalls als symbolisches Instrument der Bindung und der Identifikation mit dem Gesamtsystem.


Vertragliche Details hängen sehr stark vom einzelnen Projekt ab
Bereits aus den aufgezählten Beispielen ist ersichtlich, dass ein Social-Franchisevertrag grundsätzlich zwar wie ein normaler Franchisevertrag aussehen kann, im Einzelfall jedoch an vielen Stellen Besonderheiten aufweisen wird. Diese Besonderheiten hängen ganz wesentlich ab von der völlig unterschiedlichen Ausgestaltung des jeweiligen sozialen Projekts, und von der völlig unterschiedlichen Art und Weise der Replizierung.

Die weitere Entwicklung in diesem Bereich bleibt mit Spannung abzuwarten.

© Martin Niklas 13.10.14 

 Martin  Niklas

Martin Niklas

Anwaltskanzlei Niklas

Zunehmende Spezialisierung in allen Bereichen des Vertriebsrechts. Betreuung von Franchisenehmern und Franchisegebern sowie Aufbau junger Franchisesysteme sind Schwerpunkt seiner Arbeit.

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