Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung als Markendimensionen

Thomas Matla: Guten Tag liebe Live
Chat-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen. Unser heutiges Thema im Franchiseportal
lautet: ‘Was bewirken Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung als
Markendimensionen?’ Hierzu würde ich mich sehr freuen, wenn ich Ihnen durch die
praxisnahe Beantwortung Ihrer Fragen konkrete Hilfen für die nachhaltige
Etablierung Ihres Franchise-Systems geben könnte. Ich wünsche Ihnen einen
anregenden Chat und freue mich auf Ihre Fragen.

Leser: Guten Tag, Herr Matla. Meine Frage
lautet: Wann ist die Entwicklung eines Unternehmens als nachhaltig anzusehen?
Gibt es dafür eine allgemeingültige Definition?

Thomas Matla: Guten Tag lieber
Chat-Teilnehmer, das ist fast schon eine philosophische Frage. Ob ein
Unternehmen wirklich nachhaltig agiert hat, lässt sich wohl immer erst im
Rückblick bewerten. Die nachhaltigen Unternehmen überleben. So handelt es sich
aus meiner Sicht um ein stetiges Streben um Nachhaltigkeit, um einen
kontinuierlichen Prozess der Nachhaltigkeitsbemühungen. Hier lässt sich jedoch
durch Indikatoren schon registrieren, ob ein Unternehmen auf dem richtigen Weg
ist.

Leser: Hallo Herr Matla: Welche Maßnahmen
empfehlen Sie, um die Empfänglichkeit der eigenen Franchise-Nehmer für
Nachhaltigkeitsthemen zu schärfen?

Thomas Matla: Zunächst geht es erst
einmal darum zu klären, was unter Nachhaltigkeit gemeint sein kann. Zu oft
begegnen uns in der Praxis nämlich Sätze wie: “Das ist ja alles gut und schön,
aber ich muss Umsatz machen, ich muss verkaufen.” Die Nachhaltigkeitsbemühungen,
über die neuerlich so viel gesprochen wird, meint eigentlich nach Darwin, die
optimale Anpassung an die Unternehmensumwelt. Hierzu sind drei Bereiche
besonders im Fokus, nämlich die ökonomische Nachhaltigkeit, die Frage, ob das
Unternehmen zukunftsfähig ist, die soziale Nachhaltigkeit, ob das Unternehmen
sozialkompatibel ist, sowohl in Bezug auf die Partner und Partnerinnen, die
Mitarbeitenden, aber auch die Kooperationspartner und -partnerinnen, die
Kunden/innen und die sonstige soziale Umwelt sowie die ökologische
Nachhaltigkeit, ob das Unternehmen umweltverträglich agiert. Hier, im
Bewusstseinsprozess, ist für alle Beteiligten anzusetzen. Dann wird auch schnell
klar, welche Dinge für ein System und seine Franchise-Nehmer und -Nehmerinnen
notwendig sind.

Leser: Guten Morgen an alle Teilnehmer: Wie
löst man im Rahmen der Unternehmensführung den Zielkonflikt zwischen
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen? Besteht nicht die Gefahr,
die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu überfordern?

Thomas Matla: Vielen Dank für Ihre
Frage. Das ist wohl ein Thema, das sehr viele Unternehmen beschäftigt. Leider
wird es aber auch oft als “Killer-Argument” hervorgebracht. Die
Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen und die Relevanz für das eigene
Unternehmen ist erst einmal eine Frage des Bewusstseins. Und hier sollte sie
zuerst im Kopf des Franchise-Gebers gelöst werden. Es gibt Unternehmen, in denen
ganze Mitarbeiterstäbe sich mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen und sowohl
Arbeitskraft, Energie, als auch Budget binden. Die Übertragbarkeit auf kleine
Franchise-Systeme fällt da schwer. Es gibt aber auch Systeme, die von einem
Vordenker geführt werden. Diese können durch ihr Handeln Wettbewerbsvorteile
erlangen, ihre Marke stärker profilieren, eine höhere Awareness erzeugen und
Mehrumsatz generieren. Nehmen Sie beispielsweise Herrn Jürgen Dawo,
Firmengründer und Franchise-Geber von Town & Country. Er arbeitet nach einem
ganzheitlichen, nachhaltigen Prinzip und ist damit, nach eigenen Worten, auf dem
Erfolgsweg. Das Interview, geführt von Prof. Bellone, finden Sie übrigens auf
unserer Homepage: www.bellone-franchise.com unter der Green Lounge. Mit dem
Unternehmen kompatible Nachhaltigkeitsbemühungen sind Wettbewerbsvorteile, keine
-nachteile.

Leser: Hallo Herr Matla! Unter welchen
Bedingungen sollten die Beiträge von Unternehmen zur Lösung sozialer Probleme
als Markendimension eingesetzt werden?

Thomas Matla: Danke für Ihre Frage, die
auf unser heutiges Kernthema zurückführt. Die Markenpositionierung kann ja über
ganz unterschiedliche Dimensionen erfolgen. Wir geben dazu in unserem
“Praxisbuch Franchising Konzeptaufbau und Markenführung” (2010 mi-verlag)
ausgiebig Auskunft. Viele Unternehmen nutzen oft nur leistungsbezogene
Dimensionen, wie Qualität, Frische und besonders den Preis. Stärker
Marketingorientierte Unternehmen fügen Bedürfnisdimensionen (Maslowsche
Pyramide) hinzu. Werden zusätzlich gesellschaftsrelevante Werte besetzt,
erhalten Sie eine Marke mit solch einem individuellen Markenkern, dass er von
Konkurrenzunternehmen nur schwer kopierbar ist. Markenwerte müssen sich sodann
aber auch im gesamten Unternehmen wiederfinden. Es geht also nicht um eine
Kosmetik oder nur rein äußerlichen Gestaltung. Markenwerte müssen gelebt und
kommuniziert werden, um als profilierend wahrgenommen zu werden. Da wir uns in
der Franchise-Wirtschaft befinden, verstehen wir besonders gut, was es heißt,
etwas zu standardisieren und zu multiplizieren. Das muss auch mit den
Markenwerten passieren. Ist Ihr Franchise-System also u.a. auch sozial
profiliert, sollte sich diese Werte-Einstellung im Unternehmensleitbild und der
Mission wiederfinden. Es sollte ebenso im Handbuch auftauchen, wie in der
Kommunikation und im täglichen Umgang. Es wird absolut vom Markt “abgestraft”,
wenn ein Unternehmen einerseits soziale Belange in der Region fördert,
andererseits die eigenen Mitarbeiter kameraüberwachen lässt.

Leser: Bitte erlauben Sie mir, die letzte
Frage noch zu ergänzen: Entwerten wir durch die Kommerzialisierung nicht das
bereits bestehende soziale Engagement?

Thomas Matla: Gegenfrage: Kann es genug
soziales Engagement geben? Unternehmensverantwortung ist dann toll, wenn sie
nicht durch zu viel wenn und aber blockiert wird, sondern verantwortlich
wahrgenommen wird. Nehmen wir das Beispiel des Lebensmitteleinzelhändlers
“Migros” in der Schweiz. Seit 1957 (!) übernimmt die Migros auf freiwilliger
Basis monetär nachhaltig Verantwortung. Ist deshalb auch 2009 als “Responsible
Retailer of the Year” ausgezeichnet worden sowie 2010 in Berlin als
Kulturinvestor des Jahres. Beispielhaft ist die Initiative “Kulturprozent” aus
unterschiedlichen Gründen. Einerseits, dass sie so früh schon realisiert wurde.
Andererseits, dass sie hoch professionalisiert wurde. Sie ist in den Statuten
des Unternehmens festgeschrieben. Und wird regelmäßig durch ein Controlling
überprüft. Ich bin der Meinung, dass wir nicht ein Engagement nur
“kommerzialisieren”, das möchte auch die Gesellschaft nicht, folglich würde es
für Unternehmen kontraproduktiv sein, sondern dass Unternehmen etwas Positives
hinzu addieren können, von gesellschaftlichem Wert.

Leser: Sie erwähnen ganze Stäbe, die sich mit
Nachhaltigkeitsfragen befassen. Durchschauen die Verbraucher nicht die
Kommunikationsstrategie von Konzernen, denen dieses Thema angesichts ihrer
kurzfristig angelegten Geschäftspolitik nur als Feigenblatt dient?

Thomas Matla: Das Thema lässt sich
meiner Meinung nach nicht auf diese einfache Ebene bringen, die Sie hier gerade
ansprechen. Franchise-Systeme sind komplex und auf sehr verschiedenen Märkten
aktiv. Da gibt es die Endkunden-Märkte, aber auch die Franchise-Nehmer-Märkte,
die Mitarbeitenden sowie die Unternehmensumwelt von Zulieferern, der
Finanzumwelt etc. Alle betrachten die Unternehmenswerte mit aufmerksamem
Interesse. Und, es geht nicht nur um Kommunikation als Feigenblatt. Es geht um
echtes Verhalten. Und die begleitende Kommunikation dazu. Wenn große
Gastronomie-Franchise-Systeme wie McDonald’s grün werden oder wie Subway für
ihre Eco-Stores ausgezeichnet werden, dann geht es auch um Energieeinsparungen,
Abfallbeseitigung etc. Themen, die gesellschaftlich wichtig sind. Werden sie
glaubwürdig und authentisch realisiert, bieten sie natürlich für die
Kommunikation einen Mehrwert, der genutzt werden kann. “Tue Gutes und rede
darüber” gilt auch im Zeitalter der Social Media. Ist das Engagement nicht
glaubwürdig, ist es weder nach innen, noch nach außen tragbar. Dann gewinnt man
langfristig nicht genügend Franchise-Nehmer, nicht genügend Mitarbeiter und
verschafft sich vielleicht sogar im Finanzumfeld nicht die besten Kontakte.
Feigenblätter werden sicherlich abgestraft, da stimme ich Ihnen zu.

Leser: Ich bin absolut Ihrer Meinung, dass die
Nachhaltigkeitsdiskussion eine Chance für den Mittelstand darstellt. Worauf ist
bei der Markenkommunikation zu achten, um Nachhaltigkeit, Ökologie und
gesellschaftliche Verantwortung für ein Franchise-System glaubwürdig in den
Vordergrund zu stellen?

Thomas Matla: Vielen Dank für Ihre
Frage. Da es sich bei diesem Thema immer darum handelt, wie ich die drei
Bereiche Ökonomie, Ökologie und Soziales glaubwürdig und nachvollziehbar in
Einklang bringe, steht vor der Beantwortung der Kommunikationsaktivitäten für
mich die Frage nach den Möglichkeiten, die das Franchise-System wirklich
wahrnehmen und realisieren kann. Es kommt immer auf eine Balance an, wenn auch
in Bewegung. Sie müssen klären, was Sie heute, morgen und in Zukunft tun können.
Wir begrüßen in unseren Beratungen immer Schritte in diese Richtung. Wenn Sie
mit einem bestehenden System zu viel in zu kurzer Zeit wollen, besteht die
Gefahr, dass Sie stolpern. Fangen Sie im Denken groß an, im Handeln vielleicht
eher klein, überschaubar. Nicht jedes Unternehmen ist eine “Migros”. Ein System
wie Town & Country hat die ganze Wertschöpfungskette in Richtung
Nachhaltigkeit ausgerichtet. Andere agieren in kleinerem Maßstab, wie zum
Beispiel “REMAX” Schweiz mit 102 Franchise-Nehmern. Dieses System, geleitet von
Teddy Keifer, unterstützt kranke Kinder in einem Spitalnetzwerk mit der Theodora
Stiftung. Viele Abstufungen sind möglich. Sie sollten die richtige
Markendimensions-Balance finden und auf den gesamten Marketing-Mix
übertragen.

Leser: Welche Franchise-Unternehmen setzen
Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung bereits als Markendimension
ein? Gibt es dazu Veröffentlichungen, an denen man sich orientieren kann?

Thomas Matla: Einige habe ich heute ja
bereits genannt, Migros, Town & Country, REMAX, die großen
Fast-Food-Systeme, aber auch der Schweizerische Alpin-Ausstatter “Mammut” ist
für mich ein leuchtendes Beispiel. Hier wird die Nachhaltigkeit von innen nach
außen gelebt. Es gibt klare Strukturen und Organigramme, ein klares,
strategisches Vorgehen. Sie finden einige Interviews zu diesem Thema auf unserer
Site, zum Beispiel zum Hotel-Franchise-System Accor mit seinem “Earth
Guest-Day”, zu Mister Minit, Reno oder der Marke PUMA, die sich vorgenommen hat,
“das nachhaltigste Sportlifestyle-Unternehmen der Welt” zu werden. Übrigens
finden Sie auch in diesem Portal – unter www.franchiseportal.de – regelmäßig
gute Berichte und Beispiele zu diesem Thema.

Leser: Können Sie mir beispielhaft einige
ökologische Problemfelder nennen, wo positive Beiträge eines
Dienstleistungsunternehmens im Sinne der Nachhaltigkeit wünschenswert wären? In
Produktions- oder Vertriebsunternehmen sehe ich dafür eher Ansätze.

Thomas Matla: Hierzu empfehle ich Ihnen
einen kleinen internen Brainstorming-Workshop. Denn es geht hier in erster Linie
nicht nur um die standardisierte Übernahme von Lösungen, sondern im ersten
Schritt um Lösungen, die aus Ihrem Unternehmen glaubwürdig herauskommen.
Standardisiert könnte ich Ihnen zum Beispiel Energieeinsparung nennen. Dazu ein
paar Stichpunkte: Büro – wie ist es ausgestattet? Mobilität – wie bewegen sich
Ihre Mitarbeiter fort? Meetings – wie oft? wo? wie sinnvoll? Es gibt sehr viele
Ansatzpunkte, die erarbeitet werden können. Diese hängen aber sehr von der
Branche ab.

Leser: Wie lange dringt man angesichts der
Informationsüberlastung mit Nachhaltigkeitsthemen beim Endverbraucher noch
durch? Wird nicht der Aufmerksamkeitswert für soziale und ökologische Themen
rapide abnehmen, wenn sie von einer Mehrheit der Unternehmen als Markendimension
aufgegriffen werden?

Thomas Matla: Sie sprechen das Thema
Relevanz an. Nur dann wird man mit einer Marke ja wahrgenommen, wenn die
Nachricht für den Rezipienten wirklich relevant, von Interesse, wichtig ist.
Machen wir doch mal einen Reality Check, wie wir ihn anbieten. Was wird denn
heute als relevant kommuniziert? Meistens der Preis. Eine gute
Preis-Positionierung ist wichtig. Aber nicht allein relevant. Die Verbraucher
tendieren mehr und mehr dazu andere Mehrwerte nachzufragen. Die Werte des
Unternehmens, die Unternehmenshaltung. Sie wird wichtig als
Interaktionsargument. Man nimmt bei dem Unternehmen Leistungen in Anspruch,
dessen Werte man teilt. Das hat mit der Grundeinstellung zu tun. Und der heutige
Verbraucher sucht sich eigenständig diese Unternehmen. Deshalb ist der
authentisch gelebte Werte-Kodex so viel wichtiger als irgendein Blow-Up-Plakat.
Man dringt dann zum Verbraucher durch, wenn die Nachricht relevant ist und
bleibt. So empfehlen wir Unternehmen, an ihren Nachhaltigkeitswerten zu
arbeiten.

Leser: Wie hoch wird von Marktforschern der
Anteil der Verbraucher eingeschätzt, die sich für Themen wie Nachhaltigkeit und
soziale Verantwortung interessieren? Oder hängt es vom jeweiligen Marktumfeld
ab?

Thomas Matla: Genaue Zahlen kann ich
Ihnen zurzeit nicht nennen. Aber nochmals, es geht nicht nur um Ihre
Verbraucher, die anfangs LOHAS genannt wurden und sich mittlerweile durch die
ganze Gesellschaft ziehen. Es geht auch um Ihre Franchise-Nehmer und Nehmerinnen
sowie um Ihre Mitarbeitenden. Und hier beobachten wir große Veränderungen. Im
übrigen ist auch im Bereich der Marktforschung einiges im Umbruch. Neue
Markenrankings tauchen auf, in den nicht mehr nur der gemessene Markenwert
wiedergegeben wird, sondern auch andere Dimensionen. Wer sind zum Beispiel die
Marken mit den größten Fans und Followers auf Facebook? Wie äußern sich diese?
Und was hat das für Auswirkungen auf die Marke? Wenn Sie die Social Media aktiv
beobachten, werden sie das Potenzial, die Chancen sowie die Risiken für Ihr
System sicherlich schnell erkennen.

Leser: Warum sorgt die Politik nicht für
verbindliche Vorgaben zur Nachhaltigkeit der Unternehmensführung? Zudem wäre die
Einbeziehung in die ISO-Zertifizierung denkbar.

Thomas Matla: Nun, es gibt in Berlin ja
bereits den Nachhaltigkeitsrat und das Thema wird aktiv bearbeitet. Mir geht es
in diesem Chat aber hauptsächlich darum aufzuzeigen, dass Franchise-Systeme im
Bereich der Nachhaltigkeit Profilierungs- und Wachstumschancen haben. Bevor
abgestimmte Regeln und Zertifizierungen greifen, haben sich meist bereits aktive
UnternehmerInnen-Persönlichkeiten am Markt profiliert. Franchise-GeberInnen
suchen und gestalten Chancen schneller als andere. Sie sind bestenfalls
Marktmacher, nicht -follower. Und im Bereich der Nachhaltigkeit gibt es in den
unterschiedlichsten Ansätzen Profilierungschancen und -möglichkeiten. Diese
können aufgrund der Franchise-Systemstruktur schneller multipliziert und in den
Markt getragen werden. Das zeichnet gerade die Franchisewirtschaft aus.

Leser: Gibt es kulturelle
Verständnisunterschiede zwischen den westlichen Industrieländern, was die
Bedeutung und den Nutzen des nachhaltigen Wirtschaftens betrifft? Muss dies
gegebenenfalls bei der Markenkommunikation berücksichtigt werden?

Thomas Matla: Ja, das ist ganz und gar
so, wie Sie es beschreiben. Sicherlich gibt es schon im deutschsprachigen Raum
relevante Unterschiede. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden Themen
anders angegangen, anders verstanden und realisiert. Man sollte diese
“Missverständnisse” nicht unterschätzen. Allein zwischen Deutschland und der
Schweiz fallen uns immer wieder diese Mentalitätsunterschiede auf, die
überbrückt werden müssen. Im fremdsprachigen Ausland nehmen diese Unterschiede
stark zu. Natürlich trägt dieser Begriff in Frankreich oder Italien eine andere
Bedeutung als bei uns. Dennoch gibt es globale Gemeinsamkeiten. Bei einer
länderübergreifenden Markenkommunikation spielen die Unterschiede und
Gemeinsamkeiten eine wichtige Rolle. Sie sollten dafür sensibilisiert
sein.

Leser: Ich habe die Debatte um Corporate
Social Responsibility (CSR) nur sporadisch verfolgt. Müsste die kommunikative
Darstellung solcher Aktivitäten nicht ganz gezielt auf Zielgruppen ausgerichtet
werden?

Thomas Matla: Ein Unternehmen muss auch
wirtschaftlich nachhaltig agieren. So muss es auch auf seine
Kommunikationsbudgets achten und diese so effektiv wie möglich einsetzen. Ja,
Zielgruppen spielen natürlich für den effizienten Einsatz eine wichtige Rolle.
Ein Unternehmen kann nur so kommunikativ sein, wie es das Budget und die
Unternehmensziele erlauben. Aber was ist Kommunikation, was Kommunikation im
Sinne der Marke? Erst einmal ist Kommunikation der Ausdruck des eigenen
Bewusstseins. Und dieses äußert sich bereits, wenn Sie Mitarbeitenden oder
KooperationspartnerInnen oder Franchise-NehmerInnen eine Mail schicken. Steht da
zum Beispiel drunter “SAFE PAPER. THINK BEFORE YOU PRINT”? Dann hat das erst
einmal nichts mit einem Mehrbudget zu tun. Höchstens mit Papiereinsparung. Und
das ist doch fein, selbst wenn es an alle möglichen Kontakte geht, die sich
vielleicht nicht immer in Zielgruppen, besser vielleicht in Anlässe fassen
lassen.

Leser: Würden Sie als Nachhaltigkeitsdimension
auch Auswirkungen auf die Menschen in Entwicklungsländern einbeziehen? In
Mittelpunkt des Interesses stehen meist künftige Generationen.

Thomas Matla: Haben Sie davon gehört,
dass ein bekannter Sportausrüster dadurch in die negativen Schlagzeilen kam,
dass seine Schuhe in Kinderarbeit produziert wurden? Das hatte globale Folgen.
Wo lassen Sie Ihre Produkte fertigen? In China? In Indien? Oder, wo ist Ihr
Call-Center? Wie, unter welchen Bedingungen, wird dort gefertigt? Oder
unterstützen Sie Menschen in Entwicklungsländern, damit diese eigenständiger
werden und sich besser selbst versorgen können? In unserem “Praxisbuch
Franchising” stellen wir unter dem Stichwort Social Franchising Naoko-Felder
Kuzu vor, die führende Schweizer Expertin in Sachen Micro-Finanzierung. Durch
den Nobelpreisträger Muhammad Yunus ist dieser Bereich der Kleinkreditvergaben
bekannt geworden. Naoko Felder-Kuzu berichtet über das Village Phone Program in
Bangladesh. Ja, unsere Welt hängt nun mal global zusammen. Dinge die auf der
anderen Weltkugel passieren, können unser Verhalten verändern, genau wie
umgekehrt.

Leser: Ist es bereits möglich, eine
nachvollziehbare Korrelation zwischen den heute zur Diskussion stehenden
Markendimensionen und dem Vertrauen in eine Marke herzustellen?

Thomas Matla: Es gibt viele Ansätze,
genau diesen Wirkzusammenhang zu beweisen. Für all die Skeptiker. Dabei fällt
auf, dass die Messungen von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden.
Wesentlich von der Art der Kommunikation. In der Horizont 13/20011 vom
31.03.2011 beispielsweise wurde untersucht, wie es Autoherstellern gelingt, ihre
Hinwendung zu effizienteren Antriebstechnologien (Ökolabels) zu kommunizieren.
VW Bluemotion stand an der Spitze Labelbekanntheit (57%), mit aber nur 34% der
Labelzuordnung zur Marke. Mercedes Blue Efficiency hatte 33% Bekanntheit, aber
nur 20% der richtigen Labelzuordnung zur Marke. Weiter hinten folgten Opel Eco,
Toyota Hybrid Synergy Drive, BMW Efficient Dynamics und Skoda Greenline. Was
will ich damit sagen? Der erste Schritt besteht in der Markenpositionierung (von
innen nach außen). Dieser ist durchaus nicht einfach. Der zweite Schritt der
Markensignale nach außen, durch Verhalten und Kommunikation, muss dann aber
ebenfalls konsistent gelingen.

Thomas Matla: Liebe
Live-Chat-Teilnehmer und -Teilnehmerinnen vielen Dank für Ihre interessanten
Fragen. Das Thema Nachhaltigkeit wird uns die nächsten Jahre noch sehr
beschäftigen. Franchise-Systeme werden sich dadurch verändern. Vorreiter mit
guter Performance sind bereits erkennbar. Ich wünsche Ihnen die nötige
Sensibilität, Konsequenz und einen nachhaltigen Erfolg für die Entwicklung und
nachhaltige Realisierung Ihres Systems. Ich würde mich freuen, Sie wieder zu
einem Chat zu begrüßen. Am 27.05.2011 folgt an gleicher Stelle Prof. Veronika
Bellone mit dem Thema: “Übernimmt Franchising gesellschaftliche Verantwortung?”.
Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren “Tanz in den Mai”, Ihr Thomas
Matla

Thomas Matla
Thomas Matla
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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