Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Dem Sirenengesang folgen – oder lieber weghören?

Diese Frage müssen sich gerade „junge“ Franchisesysteme stellen. Wenn bereits erste Anfragen aus dem Ausland kommen, man aber noch mit der Etablierung des Konzeptes auf dem Heimmarkt beschäftigt ist. Der Faktor Zeit spielt dabei natürlich eine grosse Rolle. Oft möchte man sich die Chance der raschen Expansion nicht vergeben, um damit seinen Stand zu festigen. Aber ist dem wirklich so?

Der übereilte Schritt ins Ausland kostet oftmals mehr – als er tatsächlich einbringt. Vor allem geht es nicht nur um die tatsächlichen Kosten, häufig macht man Zugeständnisse an den Konzeptinhalt und das Markenverständnis oder lässt sich im Preis drücken, weil das Konzept in der Multiplikation noch nicht genügend ausgetestet und erfahren wurde. Die negativen Folgen liegen auf der Hand. Nicht nur, dass das System verfremdet wird und damit den systematischen Aufbau eines Markenwertes gefährdet; auch der entstehende Imageschaden bei einem evtl. Rückzug und die Unruhe, die man im bestehenden Partnersystem erzeugt, sind kontraproduktiv. 

Gut geplant ist halb gewonnen
Der Schritt will also gut geplant und kalkuliert sein, um den gewünschten Erfolg zu multiplizieren. Je nach avisiertem Markt, der Branche und Erfahrung kann man aus verschiedenen Expansionsformen wählen:

Direktfranchising
Es scheint am naheliegendsten zu sein, auch im Ausland Regionalpartner zu suchen, die ebenso wie diejenigen im Heimland von der Franchisezentrale aus betreut werden.

Chancen: Man kann quasi nach dem gleichen Prinzip wie ehedem vorgehen.

Risiken: Der Aufwand, einen zusätzlichen „Partner- und Endabnehmermarkt“ zu bearbeiten und zu pflegen ist nicht nur aufgrund geografischer, sondern auch mentaler Distanzen grösser als man meint. Selbst in vermeintlich gleichen Sprachgebieten gibt es kulturelle Unterschiede.

Zu überlegen und berechnen ist, ob parallel zur Integration von Regionalpartnern eine Tochtergesellschaft oder ein landesverantwortlicher Partner (Masterpartner) gesucht wird, um die adäquate Betreuung zu gewährleisten.

Masterfranchising
Je nach Grösse und Marktpotenzial eines avisierten Landes sucht man sich einen (oder mehrere z.B. nach Bundesländern) Masterpartner, der die Funktion eines Franchisegebers übernimmt und im erworbenen Gebiet zunächst (mindestens) einen Pilotbetrieb etabliert und im späteren Franchisenehmer/innen integriert. Ein Masterpartner hat damit eine Doppelfunktion inne: einerseits ist er besagter Franchisegeber in seinem Markt, andererseits ist er innerhalb des Systems Franchisenehmer.

Chancen: Der Franchisegeber profitiert von den Landeskenntnissen des Masterpartners, von dessen Vernetzung im Markt und erhält für die Vergabe der Landesrechte eine entsprechend höhere Gebühr, da sich diese am Potenzial zu realisierender Regionalfranchisen orientiert.

Risiken: Als Franchisegeber muss man sich bewusst sein, dass damit auch ein Stück Kontrolle über das System abgegeben wird. Das Profil eines Masters ist dazu angetan, in größeren Dimensionen zu denken und zu handeln – das kann auch über das Maß der erforderlichen Anpassung an die Marktgegebenheiten hinausgehen. Eine Möglichkeit dem vorzubeugen, liegt in einer Joint-Venture-Vereinbarung, in dem sich der Franchisegeber an der Gesellschaft des Masters beteiligt.

Ein anderer wichtiger Aspekt ist, dass die Marge hinsichtlich der Gebühren und der Einkaufssituation, eine zusätzliche „Instanz“ zulässt, die wirtschaftlich erfolgreich geführt werden kann.  

Area Development Agreements
Hier wird seitens des Franchisegebers ein Partner im Ausland gesucht, der die Funktion des Marktentwicklers übernimmt und regionale Partner akquiriert und betreut. Die Regionalpartner sind allerdings vertraglich an die Franchisegeberzentrale gebunden. Hier gibt es verschiedene „Spielarten“. Der Area Developer ist nicht nur Marktentwickler, sondern bietet auch das Leistungsangebot an und bezahlt entsprechende Gebühren für diese Möglichkeiten. Oder er wird als reiner Starter und später Betreuer eingesetzt und ist entsprechend provisioniert.

Chancen: Ähnlich der Mastervereinbarung profitiert der Franchisegeber von den Marktkenntnissen des Area Developers und davon, sich auf einen oder wenige Partner konzentrieren zu müssen und nicht auf die entsprechend größere Anzahl an Regionalpartnern. Zudem laufen die Vertragsbeziehungen zu letzteren direkt über die Zentrale, so dass man in Veränderungsfällen handlungsfähiger ist.

Risiken: Auch hier muss je nach Version des Agreements die Wirtschaftlichkeit betreffend Margen für beide Seiten gut kalkuliert werden. Ebenso müssen wie bei der Mastervereinbarung Regeln getroffen werden, die die Dynamik der Marktentwicklung beinhalten. Ansonsten besteht die Gefahr des „Marktverhinderers“.

 

Individualisierung vor Standardisierung
Es gibt aus diesen genannten Möglichkeiten gekoppelt mit der teilweisen Filialisierung des Systems viele Mischformen. Es können sich zudem je nach Marktstruktur im Ausland unterschiedliche Vorgehensweisen anbieten. Entscheidend ist, die Expansion individualisiert, auf die internen und jeweils externen Voraussetzungen abzustimmen, um daraus die notwendige Standardisierung einzuleiten. So vorbereitet, sind Sirenengesänge erwünscht, um ihnen mit einer strukturierten Vorgehensweise zu begegnen.

©copyright 28.09.09 Prof. Veronika Bellone

Zur Person
Prof. Veronika Bellone, gebürtige Berlinerin, ist seit 1986 im Franchise-Business tätig, ehemals als Franchisemanagerin bei der Cosy-Wasch-Autowaschanlagen GmbH in Berlin und seit 1991 als selbstständige Franchiseberaterin in der Schweiz. Sie hat u.a. die Schweizer Post, Mövenpick, Fleurop, Warner Bros. und die Berliner Bäder Betriebe beraten. Zudem ist sie Professorin an der Hochschule für Wirtschaft Nordwestschweiz im Fachbereich Marketing. 2009 startet sie mit der Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, mit einem relevant erweiterten Leistungsspektrum für den gesamten deutschsprachigen Raum, neu durch. In Zusammenarbeit mit dem Brand Consultant Thomas Matla, einem Spezialisten für den Aufbau nationaler und internationaler Marken, bietet Bellone FRANCHISE CONSULTING Beratungen, Coachings und Workshops rund um das Thema Franchising – von der Trend Analyse, über die Markenpositionierung, bis zur Implementierung von Franchise Systemen im Markt.
office@bellone-franchise.com; www.bellone-franchise.com; Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH, Poststrasse 24/ Postfach 1355, CH-6300 Zug, Tel. 0041 41 712 22 -11 Fax -10

 

Prof. Veronika Bellone
Prof. Veronika Bellone
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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