Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Benchmarking in Franchisesystemen: eine Chance für beide Partner

Als Benchmarking bezeichnet man betriebswirtschaftlich einen systematischen und kontinuierlichen Prozess des Vergleichens von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen im eigenen Unternehmen sowie mit denen in fremden Unternehmen in qualitativer und/oder quantitativer Hinsicht. Die Durchführung eines Benchmarkings beruht auf der Orientierung an den Besten einer vergleichbaren Gruppe. Diese Vorgehensweise bezeichnet man als „Best Practice“.

Und exakt wegen dieser Möglichkeit des internen Vergleiches der eigenen Business Performance zu den Besten einer vergleichbaren Gruppe ist Benchmarking eine insbesondere für Franchisesysteme gleichermaßen geeignete und aussagekräftige   Methode der objektivierten Selbstkontrolle. Ein erkennbarer und großer Vorteil dieses organisationsinternen Benchmarking-Typs in Franchisesystemen ist es, dass erstens die Daten gut und zeitnah erhältlich sind. Zweitens sind Vergleiche auf Kennzahlenebene nicht nur einfach möglich, sondern wegen der vergleichbaren Geschäftsprozesse und der identischen Absatzmärkte, auch überaus sinnvoll und nutzenstiftend. 

Ganz plastisch: Ein Franchisenehmer, der nach zwei oder drei Jahren mit der eigenen Geschäftsentwicklung rundum zufrieden ist, weiß ohne internes Benchmarking nicht, ob das erzielte Ergebnis – um im Schulnotensystem zu sprechen – nur „ausreichend“, durchaus „befriedigend“ oder aber sogar „gut bis sehr gut“ ist. Um diese Feinbestimmung der eigenen Leistung vorzunehmen, muss er die Gelegenheit erhalten, sich mit seinen Kollegen im eigenen Franchisesystem auszutauschen und anhand von definierten Benchmarks zu vergleichen und einzuordnen.

Und hier kommt dann spätestens der Franchisegeber ins Spiel. Fast alle Daten, die für die Errechnung der relevanten Kennwerte jedes Standortes benötigt werden, muss der Franchisenehmer in aller Regel monatlich oder jährlich seinem Vertragspartner in die Systemzentrale melden. Umsatzentwicklung, Warengruppenabsätze, Kundenfrequenz, Auftragsgrößen, aber auch etliche Aussagen der Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) sind fast immer Bestandteil der verpflichtenden monatlichen Statusmeldungen an die Zentrale. Meist ist auch die jährliche Einreichung des Jahresabschlusses im Franchisevertrag vorgesehen.

Deshalb können Franchisegeber in aller Regel und mit vertretbarem Aufwand ihren Vertragspartnern quasi im Gegenzug zur Datenmeldung eine gezielte und aussagefähige Palette von Benchmarks zur Verfügung stellen. Mit dieser Serviceleistung geben sie dann ihren Franchisenehmern ein Instrument zur vergleichenden Beurteilung der individuellen Geschäftsentwicklung an die Hand. Aus Datenschutzerwägungen sollte man diese Übersichten z.B. nach Umsatzgrößenklassen der Standorte differenziert und anonymisiert ausweisen. Eine namentliche Zusammenstellung der Benchmarks aller Franchisenehmer und/oder Standorte ist nur dann möglich, wenn alle betroffenen Franchisenehmer dieser Form der Veröffentlichung ihrer Daten zustimmen.

Bewährt hat sich auch, die Auswertung der Kennzahlen als eine Art Frühwarnsystem für den Status der einzelnen Franchisenehmer zu nutzen. Wird bei einer der definierten Kennziffern ein exakt benannter Schwellenwert überschritten, dann wird ein Gespräch zwischen den Vertragspartnern anberaumt. Beispiel: Übersteigt z.B. bei einem im B2B–tätigen Franchise der Umsatzanteil der fünf größten Kunden die Marke von 50 % des Gesamtumsatzes im Analysezeitraum, so setzen sich Franchisegeber und Franchisenehmer zusammen, um eine Strategie zur Minderung des damit verbundenen Risikos zu erarbeiten.

Als Basis für die zu errechnenden Kennziffern hat sich die monatliche BWA als Grundlage bewährt. Diese basiert auf den laufenden Daten der Finanzbuchhaltung. Sie gibt dem Unternehmer während des laufenden Finanzjahres Auskunft über seine Kosten- und Erlössituation und damit über die Ertragslage. Im Gegensatz zur Bilanz, die meist erst mit einigen Monaten Zeitverzögerung erstellt wird, kann die BWA Zahlen zur aktuellen Lage des Unternehmens liefern. Die BWA ist damit sowohl für den lokal tätigen Einzelunternehmer eines Franchisesystems, wie auch für den zentral im Rahmen seiner Fürsorgepflichten agierenden Franchisegeber ein unverzichtbares Informationsmedium.

Eine BWA kann von jedem Steuerberater nach Monatsabschluss schnell zur Verfügung gestellt werden. Sie ist inzwischen trotz unterschiedlicher EDV-Programme bei den Steuerberatern stark vereinheitlicht, und bietet deshalb sehr valide Werte. Kennwerte, wie z.B. Anteil der Personal- oder Materialeinsatzkosten an den Gesamtkosten, durchschnittliche Auftragsgrößen und/oder Rechnungssummen, aber auch Summe der Außenstände oder Forderungslaufzeiten, sowie das Fluktuationsverhalten beim Personal lassen sich aus der BWA ableiten.

Ergänzt um die aus dem Warenwirtschaftssystem gewonnenen Analysen zur Kundenstruktur, zu Neu- und Bestandskunden, zum verkauften Produktmix oder dem erwirtschafteten Rohertrag (Umsatz minus Materialeinsatzkosten), erhält man damit eine attraktive Anzahl von aussagekräftigen Benchmarks, die Aufschluss über die jeweilige Geschäftslage geben.

Selbstverständlich muss die Auswahl der zu erhebenden Kennzahlen an das jeweilige Geschäftsfeld des Franchise angepasst werden. So sind z.B. die Kennwerte „Höhe der durchschnittlichen Außenstände“ und „durchschnittliche Forderungslaufzeit“ für Betriebe aus der Systemgastronomie nicht sinnvoll, aber bei handwerklich ausgerichteten Franchisesystemen absolut erforderlich. Die Kennzahl „Kosten der Fahrzeugflotte“ in Prozent vom Umsatz ist eben nur dort erforderlich, wo dieser Kostenblock – im wahrsten Sinne des Wortes – ergebnisrelevant zu Buche schlägt.

In der Praxis hat es sich sehr bewährt, dass die Liste der zu erhebenden bzw. zu berechnenden Kennwerte in einem Arbeitskreis ausgearbeitet wird, in dem sowohl Franchisenehmer, wie auch Vertreter der Franchisegeberseite mitarbeiten. Bei solch einer Festlegung der Kennziffern sollte man dann auch die Grenzwerte der einzelnen Parameter festzurren, bei deren Über- oder Unterschreitung ein Gefahrenpotential für den Geschäftsverlauf indiziert wird.

Während die meisten vertrieblichen und betriebswirtschaftlichen Benchmarks in Franchisesystemen relativ einfach zu beschaffen und zu analysieren sind, gilt für die Kennziffer „Kapitalrendite“ hier eine starke Einschränkung. Weil das eingesetzte Eigenkapital  bei den einzelnen Franchisenehmern stark differenziert, und demzufolge der Fremdkapitaleinsatz recht unterschiedlich, und zudem noch mit variierenden Zinssätzen ausgestattet ist, leidet zwangsläufig die Aussagekraft dieses – nicht gerade unwichtigen – Kennwertes.

In Franchisesystemen, die konsequent und kontinuierlich benchmarken, hat sich dieses Instrument zur objektivierten Erfassung der Geschäftsverläufe an den einzelnen Standorten als Win-Win-Situation für beide Partner herausgestellt. Die Franchisenehmer erhalten dadurch regelmäßig (z.B. jedes Halbjahr) eine gesicherte und auf abgeglichener Zahlenbasis erstellte Matrix über die wesentlichen Kennziffern ihres Unternehmens im Vergleich zu den anderen Franchisenehmern mit ähnlicher Umsatzgröße. Das gibt ihnen an Mehr an Sicherheit in der Selbstbeurteilung ihrer unternehmerischen Leistung bzw. Anreize und Ansatzpunkte zur Steigerung derselben – eben eine echte Best-Practice-Perspektive.

Für den Franchisegeber ist ein Benchmarkingsystem eine Art katalogisierter Überblick über die Leistungsfähigkeit der einzelnen Teilunternehmen seines Netzwerkes. Unternehmerische Schieflagen werden früher erkannt, Gegenmaßnahmen können zeitnah eingeleitet werden. Nicht zu unterschätzen ist auch der Aspekt, dass die Benchmarks Neuinteressenten für ein Franchise eine oftmals überzeugende Perspektive für die Möglichkeiten des System aufzeigen.

Es gibt Franchisesysteme, die dem Benchmarking eine so vitale Bedeutung beimessen, das in der Zentrale eine Vollzeit-Fachkraft mit der Erhebung, Auswertung und Interpretation dieser Daten beschäftigt ist. Und den Nutzen dieser Arbeit wissen – bei entsprechender Fach- und Sozialkompetenz der handelnden Person – dann beide Partner sehr zu schätzen. 

14.03.16 © copyright Dr. Bernd Süllow

Dr. Bernd Süllow
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Dr. Bernd Süllow
Dr. Bernd Süllow
Dozent an verschiedenen Fachhochschulen

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