Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Marketingvorgaben oder Werbefreiheit für Franchise-Nehmer

Tino Stiffel: Guten Morgen liebe
Chat-Teilnehmer. Ich freue mich auf einen interessanten Austausch in den
kommenden zwei Stunden. Ich bin geaspannt auf Ihre Fragen, freue mich aber
genauso auf das Einbringen Ihrer Erfahrungen und Meinungen zu diesem
Thema.

Leser: Guten Morgen, Herr Stiffel: Mich würde
interessieren, welche Aufgaben Ihre Agentur für Kunden übernimmt. Könnten Sie
Ihr Portfolio kurz vorstellen? Sind Sie bereits im Franchising tätig?

Tino Stiffel: Guten Morgen. Gerne
eröffne ich mit ein paar Worten zu mir bzw. der Agentur rückenwind, die ich
leite. Die rückenwind Marketing GmbH ist seit 1999 als Kommunikationsagentur
tätig und betreut verschiedene Kunden, mittlerweile vorrangig aus dem
Franchise-Bereich. Seit einigen Jahren spezialisiert sich rückenwind auf das
Betreuen von Franchise-Unternehmen und unterstützt diese in allen
Marketing-Belangen. Sei es also das Aufbauen, Stärken oder Pflegen der Marke.
Oder die Full-Service-Betreuung im Endkundenmarketing. Oder Marketing-Support in
der Franchise-Nehmer-Gewinnung. Oder die Analyse und Optimierung von
Kommunikationstools zwischen FG (Franchise-Geber) und FN (Franchise-Nehmer).
Auch im Bereich Website und Social Media sind wir stets up-to-date, gestalten
und programmieren Websites, betreuen Social Media Auftritte. Auch wenn es um
Fragen der Finanzierung des Marketing geht, sind wir beratend tätig. Insgesamt
sind wir der Partner für den Bereich Marketing. Quasi die Leitplanke für
Marketingverantwortliche von Franchise-Unternehmen auf deren
Kommunikationsautobahn…

Leser: Guten Morgen Herr Stiffel. Was halten
Sie denn von Web2Print? Wie sehr engt ein strenges solches System die Freiheiten
der Franchisenehmer ein? Empfehlen Sie denn überhaupt den Einsatz von
Web2Print?

Tino Stiffel: Super Frage, danke. Ich
bin großer Fan von (professionell umgesetzten) Web2Print-Lösungen. Ein solches
System stellt weitestgehend sicher, dass verbreitete Werbemedien innerhalb des
Corporate Design produziert sind. Und dass damit keine Verwässerung oder gar
Verunstaltung der Marke stattfindet. Hier gibt es in manchen (auch größeren)
Systemen erschreckend viel Wildwuchs. Eine gute Web2Print-Lösung spart einem
System bzw. einem Franchise-Nehmer darüber hinaus ordentlich Kosten. Ein
cleverer FN-Interessent hinterfragt heute solche Dinge auch – da er weiß, dass
ihm beim Einsatz eines solchen Systems die Wege zu seinen Drucksachen enorm
erleichtert werden und die Kosten sehr stark reduziert. Also: Wenn gut gemacht,
ist das auch ein Tool zur FN-Überzeugung… Freiheiten kann man innerhalb
Web2Print ja auch schaffen. Man kann ja z.B. auch den Einsatz eigener Bilder
oder Headlines erlauben. Gute Web2Print-Systeme haben eine Funktion, bei der vor
Druckfreigabe erst noch ein Marketingverantwortlicher (aus dem System oder derer
Agentur) sein OK geben muss – das empfiehlt sich dann in jedem Fall, wenn eben
diese Freiheiten gegeben werden.

Leser: Guten Morgen Herr Stiffel. Das
Chat-Thema ist ja schon direkt die erste Fragestellung an Sie – wie sehen Sie
das – sollte in der Endkundenkommunikation möglichst viel „vorgekaut“
sein?

Tino Stiffel: Auch Ihnen einen guten
Morgen und danke für das Aufgreifen des Themas. Sie lässt sich nicht pauschal
beantworten. Denn sowohl strenge Vorgaben als auch Werbefreiheit haben beide
ihre positiven wie auch negativen Aspekte. Je strenger die Vorgaben, desto
eingeschränkter und „ferngesteuerter“ fühlt sich der Franchisenehmer. Und desto
weniger wird er zum „Mitdenken“ gelenkt. Bei freizügiger Gestaltung ist er zwar
mehr auf das eigene Wirken angewiesen, was ihm das Gefühl von mehr
Mitspracherecht gibt, allerdings bestehen hier für den Franchise-Geber (FG)
bezüglich tatsächlichem Engagement der Franchise-Nehmer (FN), der Kontinuität
und vor allem der Einheitlichkeit ganz besondere Herausforderungen. Da dies ja
hier ein Austausch ist: hat jemand der Chat-Teilnehmer Erfahrungen in einem der
beiden Wege?

Leser: Hallo Herr Stiffel! Wovon hängt es nach
Ihrer Erfahrung ab, ob sich eher Strenge oder Freizügigkeit in Marketingfragen
bewährt?

Tino Stiffel: Das hängt zu einem großen
Teil von der Qualifizierung und vom Engagement Ihrer Franchise-Nehmer ab. Sicher
spielt hier mit eine große Rolle, wie sehr FNs mit der optimalen Umsetzung des
Systems an sich beschäftigt sind, bzw. sich auf das Daily Business konzentrieren
müssen. Und wie viel Zeit, Muße und individueller Einsatz da noch für das
Marketing erwartet werden kann. Das muss man tatsächlich von System zu System
spezifisch betrachten.

Leser: Guten Tag Herr Stiffel, wie würden Sie
die Marketingaufgaben des Franchise-Gebers und seiner Franchise-Nehmer
voneinander abgrenzen?

Tino Stiffel: Der Franchise-Geber ist
verantwortlich für die Pflege und den Ausbau der globalen Stärke der Marke. Und
für das Erstellen von unterstützenden bzw. leitenden Marketingaktivitäten für
seine FNs. In der Regel hat der FN auf lokaler Marketingebene mehr Einblick und
Einfluss auf den Endkunden. Die intensive Zusammenarbeit zwischen beiden
Parteien ist enorm wichtig, um gemeinsam gesteckte Ziele zu erreichen und vor
allem um nach Außen nur EIN Markenbild darzustellen, EINE Markengeschichte zu
präsentieren. In diesem Zuge ist auch die regelmäßige Schulung der FNs relevant,
um zum Einen die internen Werte immer wieder zu vermitteln, zum anderen
aktuelles Marketing-Know-How weiterzugeben.

Leser: Eine Frage speziell zum Bereich Social
Media: Empfehlen Sie bei einem Filialsystem eine zentrale Facebook-Seite oder
für jede Filiale eine eigene Präsenz?

Tino Stiffel: Da gibt es keine
allgemeingültige Lösung. Ist sehr stark abhängig von der Art Ihres
Franchise-Systems (insbesondere die Branche). In seltenen Fällen raten wir sogar
von einer Facebook-Präsenz ab – wenn es sich zum Beispiel um ein System handelt,
bei dem eine Präsenz zu leicht nach hinten losgehen kann. Aber in den meisten
Fällen ist Social Media sinnvoll, oft sogar ein „Muss“ als Bestandteil der
Marketingkommunikation. Aber zurück zu Ihrer Frage…: meist (vor allem bei einem
System im B2C-Bereich mit jeweils vielen regionalen Endkunden) ist beides
sinnvoll. Die Zentrale hat ihre globale Seite, auf der dann auch große Aktionen
stattfinden – und die auch als Anlaufpunkt für interessierte Franchise-Nehmer
dient. Und die einzelnen Filialen pflegen jeweils ihren eigenen, regionalen
Auftritt. Hier hat es sich als höchst effektiv erwiesen, wenn die Zentrale den
einzelnen Filialen Tipps für ihre Postings liefert. Hier haben wir z.B. das Amt
des „Social Media Managers“ erfunden, das (meist ausgelagert in unsere
Franchise-Agentur rückenwind) regelmäßige SocialMedia-Newsletter an die FNs
schickt, mit Social Media News, Posting-Tipps, Hinweisen auf Gewinnspiele auf
der zentralen Seite, etc. Der Social Media Manager checkt darüber hinaus
regelmäßig das Einhalten von CI-Richtlinien und prüft, was die einzelnen
Filialen so posten, um damit alle lokalen Seiten zu optimieren und CI-technisch
zu vereinheitlichen. Insbesondere im Social Web herrscht extrem viel Wildwuchs,
wo man als Franchise-System wieder aufpassen muss, dass die Marke nicht
verwässert wird, sondern stark bleibt und stärker wird.

Leser: Social Web und Mobile Marketing liegen
derzeit im Trend. Welche Aktivitäten empfehlen Sie Ihren Kunden und was ist
momentan noch pure Zeitverschwendung?

Tino Stiffel: Wichtig ist in unseren
Augen, Trends genau zu beobachten und vorerst zu bewerten. Es ist nicht
sinnvoll, zwingend sofort auf jeden Zug aufzuspringen und damit den FNs oft
unnötige Arbeit aufzuhalsen. Sobald jedoch eine Relevanz für die Zielgruppe
erkennbar ist, empfehlen wir unseren Kunden interessante Trends rasch
aufzugreifen. Denn das ist ein Signal von FG zu FN, hier den wichtigen Nutzen zu
bieten, dass Marketingtrends nicht verschlafen werden. Konkret: Im Social Web
lassen sich ja derzeit die verschiedenen Social-Channels recht einfach
verzahnen, so dass wir empfehlen, neben Facebook durchaus auch Twitter, einen
Blog und auch Google+ (zumindest für die Präsenz der Beiträge in Suchmaschinen
sinnvoll) zum Einsatz zu bringen. Das alles stets unter der Betrachtung der
Frage: Wo treibt sich meine Zielgruppe herum? Was will ich damit erreichen?
Generell empfehlen wir, einen Social Media Leitfaden zu erstellen und stets auf
die Einhaltung der dortigen Richtlinien zu achten und die hier hinterlegten
Kommunikationsziele bei jedem Posting im Auge zu behalten. Denn viel wichtiger
als eine Omnipräsenz im Social Web ist es, ein konsequentes einheitliches Bild
des Franchise-Systems in der Öffentlichkeit darzustellen. Gerade im Mobile
Marketing kommt es darauf an, immer den Mehrwert sowohl für den Endkunden, aber
natürlich auch für den FN bzw. das System im Blick zu haben.
Marketingaktivitäten im Bereich Mobile sind derzeit oft noch sehr
kostenintensiv, da die Technologie teils noch nicht für den Masseneinsatz
ausgereift ist. Hier empfehlen wir stets, den tatsächlichen ROI (Return on
Invest) nicht aus den Augen zu verlieren. Daher: Gerade den Trend des Mobile
Marketing wachsam beobachten und zum passenden Zeitpunkt gezielt
einsetzen.

Leser: Herr Stiffel, Sie sprechen von
Herausforderungen, was bei Freizügigkeit die Einheitlichkeit der Kommunikation
angeht. Wie lässt sich für mich als Marketing-Verantwortlicher eines
Franchise-Systems so eine Herausforderung laut Ihren Erfahrungen lösen?

Tino Stiffel: Die Freizügigkeit kann
beispielsweise so aussehen, dass Kampagnenzeiträume definiert werden und
innerhalb eines gesetzten Zeitraumes ein Thema von Ihnen / Ihrer Agentur
erarbeitet wird. Innerhalb dieses Themas stellen Sie nun Module zur Verfügung.
Wie zum Beispiel einen Social Media Gewinnspiel Mechanismus. Oder eben
Werbemittel wie Flyer, Plakate, Anzeigenvorlagen. Sie stellen nun dem FN die
Kampagne und die möglichen Mittel vor, der FN hat nun die Freiheit, eines oder
mehrere Mittel umzusetzen. Und das so, wie er will. Er setzt sich also selber
(bzw. zusammen mit Ihnen) hin und überlegt, was für IHN und seinen SPEZIFISCHEN
Standort der perfekte Mix ist. Und ob und wie er die Anzeigen / Flyer / … nutzt.
So behält das Ganze für ihn viel Mitspracherecht und er fühlt sich auch selber
für den Erfolg der Kampagne mitverantwortlich.

Leser: Wir haben unseren Partnern in den
Anfängen des Systems viele Freiheiten gelassen, mit zunehmenden Erfahrungen aber
die Zügel angezogen.Ich meine aber, die im Marketing gewährte Freizügigkeit muss
auch dem generellen Führungsstil im jeweiligen Franchise-System entsprechen.

Tino Stiffel: Danke für Ihren Input.
Das ist sicher für alle hier interessant: können Sie uns die Gründe dafür
nennen, die Sie dazu bewegt haben, die Zügel fester zu ziehen? Was waren hier
Ihre konkreten Erfahrungen, die Sie von der Freizügigkeit wegbewegen ließen? Was
den generellen Führungsstil angeht: Generell gebe ich Ihnen Recht, aber auch das
kann je nach Struktur des Systems bzw. des Führungsteams auch variieren. Es kann
schon auch gut sein, dass Franchise-Nehmer beispielsweise auf der einen Seite
die lockeren Zügel im Marketing wertschätzen, und auf der anderen Seite das
„Hard Franchising“ brauchen, wenn es um die strikte Einhaltung von
Systemrichtlinien geht. Bei solchen Themen setzen wir gerne Umfragen unter den
Franchise-Nehmern ein, um die Stimmung bezüglich der Führung zu analysieren. Was
Führung (vor allem im Franchising) generell angeht, empfiehlt es sich ja meist,
Ziele und Visionen zu setzen bzw. zu kommunizieren, zielführende Wege zu
empfehlen, aber eben nicht jeden einzelnen Schritt vorzuschreiben.

Leser: Brauchen Franchisesysteme nicht auch
unterschiedliche Auftritte in Facebook, für die Endkundenkommunikation und für
die Partnergewinnung? Oder würden Sie die beiden Zielgruppen gemeinsam
ansprechen?

Tino Stiffel: Auf Facebook einen
eigenen Kanal für Partnergewinnung zu pflegen sehe ich nur in wenigen Fällen als
wirklich sinnvoll an. Da stecken wir lieber die gesamte Energie in einen
gesamten starken Auftritt und stellen sicher, dass Franchise-Interessenten von
diesem generellen Auftritt direkt einen Weg zur Website mit den weiterführenden
Informationen finden. Dort lässt sich dann die Aktualität leichter in Form eines
Blogs lösen. In Ihrem globalen Auftritt können Sie ja durchaus auch
Informationen platzieren, die für Interessenten relevant, aber auch nicht
uninteressant für Endkunden sind. Bei einer reinen Interessenten-Portal haben
Sie es zum einen nicht leicht, eine relevante Anzahl an Fans zu gewinnen, zum
anderen ist da nun eben die kleine Gefahr, dass es sich um ein Dialogmedium
handelt und Sie im Schlimmstfall Gefahr laufen, hier eine zusätzliche
„Mecker“-Schnittstelle für eventuell unzufriedene aktuelle oder ehemalige
Franchise-Nehmer zu haben, die Ihnen auf diesem Weg gerne gezielt bei der
FN-Gewinnung ein Bein stellen wollen. Dies wiederum lässt sich jedoch ggf. auch
als Chance nutzen, Ihre Stärke in der Kommunikation mit FNs zu präsentieren.
Wenn Sie gut und vor allem schnell auf entsprechende Posts antworten. Aber
generell raten wir eher davon ab. Zumindest auf Facebook. Vielleicht ist ja XING
als mehr businessorientierte Plattform hier auch der richtige Weg für einen
FN-Gewinnungs-Auftritt.

Leser: Wird der Aufwand für mich als
Franchise-Geber nicht unglaublich hoch, wenn ich jedem die Freiheiten überlasse
und dann überall kontrollieren und checken und individuell helfen muss? Für mich
scheint es einfacher, ich mache klipp und klare Vorgaben, wie die Kommunikation
gegenüber dem Endkunden konkret und bis ins kleinste Detail auszusehen hat.
Damit erstelle ich dann einen Plan, der für alle gilt und habe die perfekte
Kommunikation überall.

Tino Stiffel: Danke für die Darstellung
der anderen der hier diskutierten Varianten an dieser Stelle. Das ist sicher
auch das Thema, das der andere Chat-Teilnehmer mit “Effizienzgründen” meinte.
Mit der ganz klaren Vorgabe können Sie eben sicher sein (zumindest weitgehend),
dass alles größtenteils nach Ihren Wünschen / Vorstellungen abläuft, um die
Marke sicher zu führen. Diese Art der strengen Vorgaben fühlt sich sicher für
manche FNs gut an, vor allem für diejenigen, die genau aus diesem Grund den Weg
gewählt haben, sich in ein Franchise-System zu begeben, damit sie eben solche
Dinge perfekt vorbereitet erhalten. Was dann nur oft fehlt, ist das Gefühl des
selbständigen Handelns für den FN. Außerdem verliert er bei einer solchen klaren
Vorgabe den Überblick über seine individuellen / regional speziellen
Anforderungen. Bzw. versäumt er, seine regionalen Kooperationspartner
einzubinden oder seine eigenen Medienkontakte auszuschöpfen. Oft ist es eben
auch nicht das globale schwarz-weiß-handeln, das man für all seine Partner
anwendet, sondern das individuelle Eingehen auf beide Gruppen: Jene, die mehr
Motivation für ihre Marketingaktivitäten haben, wenn sie selber viele
Gestaltungsfreiheiten haben (weil sie hier vom Fach sind oder Spaß daran haben).
Und jene, die vielleicht in der sonstigen Führung ihrer Filialen stark sind
(Branchenerfahrung, starke Persönlichkeiten), und darum froh sind, wenn der
Bereich Marketing professionell und bis ins letzte Detail „vorgekaut“ ist. Wer
von Ihnen hat hier noch Erfahrungen, die er mit uns teilen kann?

Leser: Wir veröffentlichen seit mehreren
Jahren regelmäßig kurze Meldungen über Twitter. Ein messbares Ergebnis konnten
wir bisher nicht feststellen. Gibt es Franchise-Geber, die dieses Medium
erfolgreicher einsetzen und uns als Beispiel dienen könnten?

Tino Stiffel: Meist lässt sich ein
Erfolg eines einzelnen Kanals wie Twitter nur mit einem
Social-Media-Gesamtkonzept erreichen. Erst in einer einheitlichen Streuung der
Informationen über mehrere Kanäle hinweg zeigen sich die positiven crossmedialen
Effekte, die uns das Social Web bieten kann. Sticht dabei ein Kanal durch zu
geringe Besucherzahlen hervor, empfiehlt es sich zunächst einen Blick auf die
Zielgruppe zu werfen: Gibt es innerhalb der Zielgruppe überhaupt regelmäßige
Nutzer? Eine weitere Möglichkeit die Social-Media-Arbeit zu analysieren, kann
unter dem Gesichtspunkt „Mehrwert meiner gesetzten Informationen“ erfolgen. Erst
wenn der Leser einen erkennbaren Wert hinter dem Post sieht, wird er ihn liken,
teilen, weiterempfehlen etc. Grundsätzlich sollten die Social-Media-Aktivitäten
jedoch von Franchise-Zentrale zu Franchise-Zentrale individuell betrachtet
werden, denn es kommt auf die Tonalität des Social-Media Konzepts an. Diese
sollte den ganz persönlichen „Stempel“ des Franchise-Systems tragen. Denn nur
wer im Social Web als sympathisch, ehrlich und authentisch empfunden wird, hat
die Chance auf Erfolg.

Leser: Es waren schlichte Effizienzerwägungen,
die uns zu strikteren Vorgaben veranlasst haben. Dabei muss man jedoch im
Hinterkopf behalten, dass Franchise-Partner selbstständige Unternehmer und keine
Angestellten sind. Wer weiß, ob die Diskussion um die Scheinselbstständigkeit
unter einer andersfarbigen Bundesregierung nicht wieder aufflackert.

Tino Stiffel: Danke für die Erläuterung
zu Ihrem vorhin erwähnten Führungsstil-Wechsel im Marketing. Das mit der
Selbständigkeit ist korrekt, umso wichtiger die Führung mit Visionen und Zielen.
Das führt zu Motivation statt Frustration.

Leser: Es ist für Unternehmen sehr
gewöhnungsbedürftig, externe Kritik auf eigenen Websites zuzulassen. Im
Franchising sind die damit verbundenen Befürchtungen vielleicht noch größer,
weil unmittelbare Auswirkungen auf die Partnergewinnung befürchtet werden. Wie
soll man als Franchisegeber auf ungerechtfertigte Kritik reagieren?

Tino Stiffel: Ja, diese
Kommunikationsherausforderung ist für viele ein spannendes Neuland. Die Relevanz
wird aber nach und nach von den Unternehmen verstanden und die Qualität der
Bearbeitung steigt. Sehr wichtig ist die Reaktionsgeschwindigkeit. Wenn ein
negativer Beitrag einen vollen Tag stehen bleibt, kann das schon sehr schädlich
für die Marke sein, oder dazu führen, dass sich andere Leser noch mit
dranhängen. Generell: Kritik ist selten komplett unberechtigt und sollte als
willkommenes Feedback der Kunden angesehen werden, was sich auch in der
(vielleicht sogar dankbaren) Reaktion zeigen sollte. Unberechtigte Kritik sollte
dagegen fachlich (ohne Emotion) widerlegt und damit ausgeräumt werden. Nur so
kann ein Unternehmen oder eine Marke bei Kritik selbst auf Augenhöhe mitreden
und steuern. Vermeiden Sie in jedem Fall, unberechtigte Kritik zu großen
Diskussionen führen zu lassen. Antworten Sie also konkret und sachlich auf die
Thematik, bohren Sie dabei keine anderen Baustellen auf. Schreiben Sie dann den
Autor (nachdem Sie öffentlich geantwortet haben) noch einmal persönlich
außerhalb der Plattform an und klären Sie eventuelle weitere Punkte mit ihm
direkt.

Leser: Wie auf einer Veranstaltung des DFV
deutlich wurde, ist das Interesse an Franchise-Gründungen seit letztem Herbst
stark rückläufig. Haben Sie dafür eine Erklärung? Welche Maßnahmen können
Franchisegeber ergreifen, um ihre Expansionsziele trotzdem zu erreichen?

Tino Stiffel: Für das rückläufige
Interesse sind ja viele Faktoren verantwortlich, sehr stark (insbesondere zur
Zeit) wirtschaftlich-politische Faktoren wie zurückgehende Unterstützung für
Unternehmensgründer, höhere Sicherheiten im Angestelltenverhältnis, etc. Wo
keine potentiellen Unternehmensgründer sind, können wir auch nur schwer als
einzelnes System dafür sorgen, die Franchise-Gründungen anzukurbeln. Mein
Fachgebiet ist Marketing, von dieser Seite kann man vor allem mit einer starken
Marke und einer überzeugenden Kommunikation gegenüber Interessenten punkten,
wenn es darum geht, Vertrauen zu „meiner“ Marke aufzubauen und damit gute Leute
von meinem System zu überzeugen. Eine Begeisterung für mein System wird primär
durch eine starke Marke beflügelt. Die Marke ist immer das A und O… Das
generelle, übergreifende Problem der Rückläufigkeit sollte die Politik in
Angriff nehmen…

Leser: Das Kommunikationsverhalten gerade der
jüngeren Generation hat sich rasant verändert und stellt die Reaktionsfähigkeit
der Unternehmen auf eine harte Probe. Wie sollten sich Franchise-Unternehmen
darauf organisatorisch einstellen?

Tino Stiffel: Eine interessante Frage,
die schnelle Reaktion der jüngeren Generation erfolgt ja in der Regel über die
sozialen Medien. Wichtig ist, sich im Vornherein Gedanken über die Präsenz im
Social Web zu machen. Entscheidet sich die Franchise-Zentrale für einen Auftritt
dort, muss eine ständige Überwachung der Kanäle und eine klare
Aufgabenverteilung sichergestellt sein. So empfiehlt es sich von Vornherein
Zuständigkeiten und Aufgaben festzulegen, das kann, insofern es einen festen
Social-Media-Leitfaden gibt, auch in Verteilung auf mehrere zuständigen Personen
hinweg erfolgen. Auf diesem Weg kann das Know-How einzelner Spezialisten im
System besser genutzt werden: Wenn beispielsweise die einzelnen Franchise-Nehmer
auf lokale Fragestellungen eingehen und sich der zentrale PR-Berater um
öffentlichkeitsrelevante Themen kümmert. Viele größere Franchise-Unternehmen
stellen zur Überwachung der Aktivitäten einen eigenen Social-Media-Manager ein
oder beauftragen ihre Agentur mit der Steuerung der Aktivitäten in diesem
Bereich. Dieser Social Media Manager sorgt auch für eine einheitliche Umsetzung
bei den Franchise-Nehmern durch regelmäßigen Informationstransfer bzw.
Posting-Tipps. Das sollte jedoch das System individuell nach Bedarf entscheiden
können. Eine gute Social-Media-Arbeit lässt sich an einem sauberen,
einheitlichen Kommunikationsstil und der schnellen Reaktion messen – das sollten
sich Franchise-Zentralen immer im Hinterkopf bewahren.

Leser: Welche konkreten Maßnahmen kann man als
Werbeverantwortlicher in einer Franchise-Zentrale gegen die steigenden Kosten in
der Endkundenkommunikation ergreifen?

Tino Stiffel: Wir schweifen ab 🙂 Aber
gerne in aller Kürze dazu: Eine Möglichkeit, wenn man bei steigenden Kosten
dennoch mehr erreichen möchte, ist die Investition in das Aufspüren und
Einsetzen sinnvoller Marketingkooperationen. Noch viel zu selten werden kluge
Kooperationen eingegangen, bei denen sich zwei oder mehr Marken zusammentun, um
gemeinsame Kampagnen zielführend durchzuführen. Suchen Sie (oder Ihre Agentur…)
nach Unternehmen, deren Zielgruppe sich mit Ihrer so gut wie möglich
überschneidet bzw. ergänzt.

Leser: Es wird immer schwerer, homogene
Zielgruppen für die Endkundenkommunikation auszumachen. Wie gehen Sie als
Werbeagentur vor, um die zunehmend individualisierte Kundschaft dennoch gezielt
anzusprechen?

Tino Stiffel: Da haben Sie Recht. Das
Gute ist jedoch, dass sich auf der anderen Seite auch immer mehr Medien und
Kanäle auftun, auch sehr spitze Zielgruppen gezielt anzusprechen. Sei es im
Printbereich mit kleinen Special Interest Magazinen, aber vor allem im
Onlinebereich mit sehr spezifischen Angeboten für jede einzelne
Interessensgruppe. Und in diesen Nischen lässt sich sehr zielgerichtet
kommunizieren, sogar mit deutlich verringerten Streuverlusten im Vergleich zu
klassischen Massenmedien. Selbstverständlich ist es entsprechend aber auch weit
aufwändiger, die passenden Nischen zu finden und die Kommunikation hier so zu
steuern, dass die Zielgruppe ihre Mehrwerte findet. Und Voraussetzung für das
alles ist selbstredend, die Zielgruppe genau zu kennen, was Sie durch genaue
Marktanalysen und Umfragen erreichen.

Tino Stiffel: Liebe
Chat-Teilnehmer, wir sind am Ende unserer gemeinsamen Zeit angelangt. Ich
bedanke mich recht herzlich für die rege Teilnahme und die höchst interessanten
Fragen und Themen. Insbesondere im Bereich Social Media scheint hier viel
Austauschbedarf zu bestehen – vielleicht ist das ja eine Idee für einen nächsten
Experten-Chat… Ansonsten dürfen Sie mich gerne bei Fragen oder Anmerkungen
unter oben stehender E-Mail-Adresse kontaktieren. Ihnen nun noch einen
erfolgreichen Tag und dann ein geruhsames Wochenende!

Tino Stiffel
Tino Stiffel
rückenwind Marketing GmbH

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